Hundetrainer und der verhasste §11: Viel gejammert und wenig gelernt

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Rauhaardackel

Seit dem 1. August 2014 ist im deutschen Tierschutzgesetz der §11 Absatz 1, Satz 1, Nummer 8 in Kraft. Wer gewerbsmäßig, (…) für Dritte Hunde ausbilden oder die Ausbildung der Hunde durch den Tierhalter anleiten will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Was wurde doch gejammert und lamentiert! An dieser Stelle muss ich allerdings sagen „selbst Schuld“.

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Die Verärgerung über die Änderung des Tierschutzgesetzes, beziehungsweise die Durchführung dessen, ist nachvollziehbar und sicher auch berechtigt. Statt einer einheitlichen Durchführungsverordnung ist die Umsetzung des §11ers schlicht ein Flickenteppich, bei dem von Veterinäramt zu Veterinäramt unterschiedlich entschieden wird.
So kann es sein, dass dem einen Veterinäramt Hundetrainererfahrung und eine abgelegte Begleithundeprüfung reicht, während ein paar Kilometer weiter für das nächste Veterinäramt nicht einmal eine dreijährige Ausbildung mit bestandener Prüfung vor der Tierärztekammer ausreichen. Da hilft es dann nur, die Sachkunde vor dem Veterinäramt abzulegen. Wie diese geprüft wird, liegt dabei völlig in der Hand des Amtsveterinärs – genauso wie die Kosten hierfür. Die Umsetzung des §11ers ist von absoluter Willkür geprägt. Das ist nicht nur frustrierend für Hundetrainer – es ist auch existenzbedrohend!

Eigentlich müsste lediglich geprüft werden, ob der Trainer sich im Rahmen des geltenden Tierschutzgesetzes bewegt. Für den Beruf des „Hundetrainers“ gibt es schließlich keine Ausbildungsordnung und somit kann dies auch nicht geprüft werden. Trotzdem geschieht letzten Endes genau das – allerdings nach dem Gutdünken des jeweiligen Veterinäramtes. Pech für denjenigen, der einen Amtsveterinär vor sich sitzen hat, der an so etwas wie „Rudelstellungen“ glaubt…

Tierärzte prüfen Hundetrainer

Es ist unglaublich, dass ausgerechnet Tierärzte Hundetrainer prüfen sollen. Das ist ungefähr genauso sinnvoll wie die Prüfung von Lehrern durch Chirurgen. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Es entsteht an dieser Stelle schnell der Eindruck, dass die Tierärzte sich hier in irgendeiner Art und Weise „rein gemogelt“ hätten. Richtig spannend wird es dann, wenn man feststellt, dass es mittlerweile Anbieter gibt, die nicht nur Hundetrainer ausbilden, sondern gleichzeitig auch Tierärzte für die Überprüfung des §11ers. Selbstverständlich wird die entsprechende Ausbildung der Hundetrainer bei dem dortigen Veterinäramt als Sachkunde anerkannt. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Zu Recht wird sich über diese Umstände beklagt, denn sie sind untragbar, ungerecht und werden missbraucht. Trotzdem tragen Hundetrainer selbst einen ganzen Teil der Verantwortung für diese Zustände.

Hundetrainer – ein unorganisierter Haufen

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Es gibt viele Wege Hundetrainer zu werden und keine einheitliche Ausbildung. Die Arbeitsweisen unterscheiden sich teilweise enorm. Das Problem vieler Einzelkämpfer ist aber aus politischer Sicht sehr gravierend: Die Politik interessiert sich nicht für Partikularinteressen! Ein Satz den sich jeder Hundetrainer über das Bett hängen sollte. Wenn Politiker Entscheidungen treffen bezüglich Regelungen und Gesetze, beziehen sie dabei Verbände mit ein, die aufgrund ihrer Mitgliederzahl und ihrer Organisation ein politisches Gewicht haben. Mini-Verbände von wenigen hundert Mitgliedern, die sich eher darauf konzentrieren ihre Mitglieder ideologisch zu impfen und methodisch auszubilden, interessieren nicht. Einzelne Leute interessieren erst recht nicht. Es ist auch schlicht nicht möglich mit jedem Hundetrainer Deutschlands ein ausführliches Gespräch darüber zu führen, was er angebracht findet und daraus dann einen Konsens zu basteln. Politik funktioniert so schlicht und ergreifend nicht.

Das ist bei den meisten Hundetrainern aber noch nicht angekommen. Die jagen lieber die nächste Sau durchs Dorf, weil „oh mein Gott, der macht einen Leinenruck“ und „der Wattebauschwerfer hat ja gar keine Ahnung“. Ob man in einen Verband eintritt, hängt dann davon ab, ob man mit jedem Mitglied gerne Kaffee trinkt und nicht davon, ob dies vernünftig wäre.

Anstatt sich zu vernetzen und zu verbünden, werden Grabenkämpfe ausgetragen. Andere Hundetrainer sind keine Mitstreiter, sondern verhasste Konkurrenz.

Politische Entscheidungen

Während sich also die Hundetrainer Deutschlands gegenseitig selbst bekriegten, hat sich die Politik eben an die gut organisierten Tierärzte gewendet. Was hätte sie auch sonst tun sollen? Wer nicht füreinander einsteht und kein politisches Gewicht bildet und daran auch keinerlei Interesse hat, der muss damit leben, dass politische Entscheidungen über den eigenen Kopf hinweg gefällt werden.

Es ist nun fast 3 Jahre her, seitdem die Änderung des Tierschutzgesetzes in Kraft getreten ist. Verbessert hat sich innerhalb dieser Zeit nichts. Während die einen vor Gericht streiten, absolvieren andere zähneknirschend die Prüfung. Gelernt hat kaum einer daraus. Stattdessen wird sich über die Politik beschwert und weiter in Methodenkriegen gekämpft.

Dies ist allerdings der falsche Weg. Verbände vertreten ihre Mitglieder in politischen Debatten. Dies ist die Möglichkeit politisch mitzuentscheiden. In anderen Berufen ist das Gang und Gäbe und auch dort sind sich die Mitglieder nicht immer in allen Punkten einig. Als Vergleich sei hier der Beruf des Sozialarbeiters genannt. Sozialarbeiter haben sogar einen internationalen Verband (International Federation of Social Workers) – es glaubt doch nicht ernsthaft jemand, dass jeder Sozialarbeiter der diesem (und sei es durch die angeschlossenen nationalen Verbände) angehört, mit jedem anderen Sozialarbeiter, bei jeder Vorgehensweise übereinstimmt? Menschen sind keine Maschinen, bei denen klar ist, bei welchem Knopfdruck was passiert. Es ist klar, dass es somit über Vorgehensweisen immer auch Diskussionen geben wird.

Trotzdem ist es möglich sich zusammenzufinden und bei all der Verschiedenheit auch Gemeinsamkeiten herauszustellen, die die Grundlage für die Arbeit sind. Und es ist ebenfalls trotzdem möglich, die Mitglieder trotz Verschiedenheit politisch zu vertreten. Dieser momentane Flickenteppich wird sicher von keinem Hundetrainer gewollt sein! Die Überprüfung der Sachkunde wird von den meisten ja durchaus begrüßt, immerhin wird der Beruf somit auch aufgewertet. Jeder kann sich zwar Hundetrainer nennen, aber nur wer die Sachkunde hat, kann auch als solcher gewerblich arbeiten.

Einheitliches Berufsbild für Hundetrainer

Was wohl passieren wird, wenn der Ruf nach einem einheitlichen Berufsbild von der Politik erhört wird? Seit den Landeshundegesetzen wissen wir, wie Einzelfälle plötzlich dazu führen, dass politische Entscheidungen getroffen werden. Wen wird die Politik dann wohl fragen? Wer wird dieses Berufsbild entscheidend mitbestimmen können? Und wer wird danach arbeitslos sein?

Nur wer politisches Gewicht hat, wird bei solchen Entscheidungen gehört. Wer nicht kämpft hat schon verloren – wer sich nicht organisiert ebenfalls. Und während man darüber streitet, ob man einen knurrenden Hund bestrafen soll, wird nicht gemerkt, dass bereits am Ast gesägt wird auf dem man sitzt.

Es ist schade, dass die meisten Hundetrainer immer noch nicht erkannt haben, dass alle im selben Boot sitzen. Anstatt gemeinsam zu rudern, wird sich gegenseitig über Bord geschmissen. Wenn das so weiter geht, wird man über kurz oder lang gemeinsam untergehen statt anzukommen.

Link

www.gesetze-im-internet.de/tierschg/BJNR012770972.html

Autorin: Nina Dany

7 Kommentare

  1. Guter, reflektierender Artikel. Danke Nina.
    Wobei für die Leser wichtig gewesen wäre:
    Es gibt seit zwei Jahren einen methoden-unabhängigen
    Berufs-Verband, der noch dringend wachsen muss, um diese Ziele zu erreichen.

    • Hallo Sepp,

      danke für deinen Kommentar und den Hinweis. Ich möchte in meinem Text nicht für einen bestimmten Verband werben, sondern eher zum Nachdenken anregen. Denn auch der Verband, den du ansprichst, müsste noch weiter wachsen um seine Ziele zu erreichen.

  2. So ganz richtig ist es nicht recherchiert. Denn genau aus den genannten Gründen wurde 2015 der „Berufsverband professioneller Hundetrainerinnen und Hundetrainer e.v.“ (pro Hunde) gegründet. Er setzt sich methodenunabhängig für alle Hundetrainer / Hundetrainerinnen, die eine Erlaubnis nach § 11 Tierschutzgesetz benötigen, und für Angestellte in Hundeschulen ein, auch wenn sie keine Erlaubnis benötigen. Weitere Voraussetzungen (eigene Prüfungsverfahren und Überprüfungen) für eine Mitgliedschaft sind nicht erforderlich. Denn die gesetzlichen Voraussetzung unterliegen der Prüfungspflicht der Behörden.

    Aus diesem Grund bietet „pro Hunde“ auch keine eigene Ausbildung für Hundetrainer an und kooperiert auch mit keinem Anbieter.

    „pro Hunde“ wirkt aktiv bei der Entwicklung eines Forderungskataloges für das Fachgespräch mit.

    Damit unser Beruf und unsere Berufung in den eigenen Händen bleiben!

    • Hallo Hajo,

      was meinst du mit „nicht richtig recherchiert“? Ich habe ja nirgendwo geschrieben, dass es generell keinen methodenunabhängigen Verband geben würde. ;) Der Großteil der Hundetrainer ist aber meiner Erfahrung nach ohne Verband. Die Argumente dafür sind dir sicherlich auch bekannt. Ich möchte in meinem Text nicht explizit für einen bestimmten Verband werben, sondern einfach darlegen warum ich die Notwendigkeit sehe, dass Hundetrainer sich zusammentun sollten. Im Idealfall denkt der ein oder andere über seine Entscheidung nach.

      Trotzdem finde ich deinen Hinweis total richtig. „Pro Hunde“ ist sicher ein Verband (tatsächlich ist es der einzige Verband, den ich kenne, der das tut), der genau das bewirken möchte, was ich in meinem Text fordere. Hättest du (bzw. ihr) Interesse daran den Verband bei uns vorzustellen? Ich würde mich freuen.

  3. Vielem in dem Artikel ist nichts hinzuzufügen. Allerdings würde eine tiefenrecherche ergeben, dass sich nicht die Politik an die gut organisierten Tierärzteschaft gewendet hat. Die gut organisierte Tierärzteschaft hat sich über die Bundestierärztekammer an die Politik gewendet. Hat einen pseudo-tierschutzgedanken lobbyistisch platziert und einen Prozess vorangetrieben.

    Das Tierschutzgesetz ermöglicht(e) bereits Handlungsmöglichkeiten. Die so unorganisierte Hundetrainerschaft ist und war es die über Impfschäden aufgeklärt, ernährungsbeeinflussung bei hundlichem Verhalten, Schwächung des Imunsystem durch chemiekeule bei regelmäßiger Wurmkur und unwirksamkeit von Kastration bei Verhaltensauffälligkeiten aufgeklärt hat. Dies erfolgt nicht über die Tierärzte! Diese Verzeichneten lediglich Umsatzrückgänge. Die BTÄK analysierte die Ursache und gestaltete eine Einflussnahme zur Wiedererlangung der Markthoheit. Was hätte sie auch sonst tun sollen?

    Die deutsche Politik ist ein Entscheidungsträger für Lobbyisten und wenn es nicht der „lange Arm“ der Pharma- und Futtermittelindustrie“ getan hätte, hätten sie es selbst gestaltet. Da hilft auch kein noch so großer Berufsverband der Hundetrainer. So groß kann der gar nicht werden, sich gegen diese Wirtschaftsmächte zu etablieren. Hier helfen nur Gerichte, denn kein dieser Verbände wird ein solches politisches Gewicht bilden um gegen Bayer, Masterfood und Co wirtschaftsintressen durchsetzen zu können. Denn letztendlich geht es genau darum! Deshalb muss es lauten: Wer nicht klagt muss damit leben, dass politische Entscheidungen über den eigenen Kopf hinweg gefällt werden. Denn nur der Klageweg und kein Verband hat Korrekturen dieser Willkür erzielt.

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