Körpersprachliches Arbeiten mit Hunden

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Border Collie hechelt läuft

Die körpersprachliche Arbeit mit dem Hund wird immer wieder kritisiert. Dies geschieht häufig aus dem völligen Unwissen darüber, was körpersprachliches Arbeiten eigentlich bedeutet. Generell ist die körpersprachliche Arbeit mit dem Hund keine Methode, sondern bedeutet, dass man sich dem Hund körpersprachlich mitteilt. Es geht im Kern dementsprechend um Kommunikation. Körpersprachlich heißt nonverbal (ohne Worte), also die Kommunikation nur durch den eigenen Körper ohne die Nutzung bereits konditionierter Symbole (wie dem erhobenen Zeigefinger für das „Sitz“).

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Eine universelle Sprache

Hunde kommunizieren Körpersprache.
Hunde kommunizieren vorrangig per Körpersprache.

Um mich meinem Hund derart mitzuteilen, muss ich wissen, wie ich meinen Körper einsetzen muss, und welche Wirkung diese bei dem Hund hat. Die körpersprachliche Arbeit fängt somit grundsätzlich immer beim Menschen an. Der Hund versteht Körpersprache sofort, denn sie ist universell und funktioniert sogar über Artgrenzen hinweg.

Dies ist auch ein sehr häufiger Kritikpunkt der ‚Gegner‘: Wir seien keine Hunde, könnten weder mit dem Schwanz wackeln, noch uns sonst derart verhalten und ausdrücken, wie es die Hunde untereinander tun. Dies ist natürlich richtig, lässt aber den Punkt aus, dass unsere Körpersprache von Hunden trotzdem verstanden wird, eben weil sie über Artgrenzen hinweg gut funktioniert.

Wenn ich (mal als plakatives Beispiel) mit den Hunden bei der täglichen Gassirunde an der Wiese mit dem einsamen Schaf vorbei komme, steht es manchmal da und starrt uns an. Es nimmt langsam den Kopf herunter, spannt sich an und stampft mit dem Huf auf. Ohne dass meine Hunde jemals direkten Kontakt zu Schafen gehabt hätten, wissen sie sofort was das Schaf meint und gehen wahlweise flott dran vorbei oder bellen es rückwärts hüpfend an.

Wer nicht nur mit Hunden, sondern auch mit Katzen zusammen lebt, wird bestätigen können, dass auch diese Tierarten sehr gut miteinander kommunizieren können. Dabei könnte man meinen, dass es Missverständnisse geben würde. Stattdessen weiß ein Hund sehr genau, dass die Katze mit angelegten Ohren, abgeduckt, mit gesträubtem Fell und einem hin und her peitschenden Schwanz es grade NICHT gut mit ihm meint und er sich besser nicht nähern sollte – vorausgesetzt es handelt sich nicht um einen jungen distanzlosen Hund, der ähnliche Warnungen gerne auch mal bei Artgenossen übergeht.

Sonderfall Hund

körperliches Spiel Frau Hund
Ein körperliches Spiel genießen beide Seiten.

Bei unseren Hunden kommt noch ein weiterer wichtiger Aspekt hinzu: Sie wurden seit Jahrtausenden auf das Zusammenleben mit dem Menschen selektiert und es ist mittlerweile bewiesen, dass der Hund unsere Gesten besser verstehen kann als andere Tiere. So können sie im Gegensatz zu Schimpansen unsere Zeigegesten verstehen und wissen sehr genau, wie wichtig unsere Augen für unsere Wahrnehmung sind. Sie verstehen demnach durchaus unsere „Andersartigkeit“, können aber genau deswegen unsere Körpersprache und Mimik besonders gut lesen.

Zu sagen, dass unser Hund unsere Körpersprache nicht verstehen würde, weil wir keine Hunde sind, ist demnach eine völlig falsche Aussage. Warum es allerdings trotzdem besonders am Anfang oft hapert, liegt daran, dass der Mensch sich entweder nicht richtig ausdrückt oder der Hund etwas Falsches gelernt hat.

Die verschiedenen Kommunikationsstile

Auch wenn wir Menschen Körpersprache einsetzen und auch über diese miteinander kommunizieren, so sind wir in erster Linie Wesen, die sich der verbalen Kommunikation bedienen. Wir reden miteinander und tauschen so Informationen aus. Dies führt auch dazu, dass wir die Körpersprache nur noch allenfalls unbewusst nutzen. Wenn wir unserer Freundin etwas erzählen, was uns sehr verärgert hat, ziehen wir die Augenbrauen zusammen, beugen uns vor, fuchteln womöglich wie wild mit den Armen – alles Begleiterscheinungen unseres Gefühls, aber nicht bewusst und gezielt eingesetzt, um der Freundin mitzuteilen, dass uns das nun verärgert hat. Und so schaffen wir es nicht nur sehr gute Lügner zu sein, wir selber entdecken die Lügen der Anderen kaum noch. Die Körpersprache wird nicht mehr allzu viel beachtet und dass da etwas nicht zusammen passt, bemerken wir dann oft gar nicht.

Wenn wir uns unseren Hunden wieder körpersprachlich mitteilen möchten, müssen wir nicht nur lernen welche Körperhaltung, Bewegung und Geste vom Hund verstanden wird. Wir müssen überhaupt erst lernen unseren Körper wieder zu kontrollieren. Dies gelingt dem Einen besser und dem Anderen schlechter. Das Gute: Selbst die absoluten Bewegungslegastheniker können dies wieder erlernen durch ausreichende Übung.

Konditionierung entgegen der Körpersprache

Auch wenn unsere Hunde von Natur aus eine richtig eingesetzte Körpersprache verstehen, haben trotzdem manche Exemplare am Anfang Schwierigkeiten damit. Dies liegt häufig an ‚falscher‘ und auch gewollter Konditionierung auf die Körpersprache des Menschen.

Rückruf Hund
Der Rückruf – häufig nicht sehr einladend

Da viele Hundebesitzer gar nicht wissen, wie sie ihre Körpersprache einsetzen müssen und glauben, sie bräuchten lediglich Kommandos für die Erziehung ihres Hundes, werden viele Hunde entgegengesetzt zur Körpersprache konditioniert. Als Beispiel sei hier der Rückruf genannt. Viele Besitzer stellen sich während sie den Hund zu sich rufen frontal zum Hund und schauen ihn unentwegt an.

Dies führt häufig am Anfang zu Irritationen auf Seiten des Hundes, was gerne mit Ungehorsam verwechselt wird. Nach einiger Zeit (und dank leckerer Happen oder tollem Spielzeug in der Hand des Menschen) versteht der Hund, dass der Mensch ihn – auch wenn er sich ambivalent ausdrückt – bei sich haben möchte. Treten ähnliche Situationen immer und immer wieder im Alltag und im Training auf, lernt der Hund, dass er auf die Körpersprache des Menschen überhaupt nicht achten muss oder womöglich auch nicht darf (da es sonst Ärger gibt). Fängt man dann allerdings an wieder Körpersprache zur Kommunikation zu nutzen, kann es passieren, dass ein derartig ‚fehlkonditionierter‘ Hund den Menschen erst gar nicht versteht und sogar unsicher wird, da bisher ein Reagieren auf Körpersprache nicht gewünscht war.

Hund läuft direkt Fuß
Der Hund kennt diese Haltung und läuft direkt „Fuß“, auch wenn das Kommando vorher nicht gegeben wurde.

Auch gibt es Bewegungen und Körperhaltungen, die mal mehr und mal weniger bewusst konditioniert werden. Ein prominentes Beispiel hierfür ist das ‚Fuß laufen‘. Man kann dem Hund körpersprachlich mitteilen, dass er auf der linken Seite laufen soll. Hat der Hund aber bereits ein ‚Fuß‘ beigebracht bekommen, passiert es schnell, dass der Hund statt normal zu laufen, automatisch in die Fußposition rückt.

Auch bestimmte Drehungen mit der Schulter können dazu führen (zum Beispiel wenn der Hund gelernt hat hinter einem in der Fußposition zu wechseln), dass der Hund sofort in die Fußposition springt. An dieser Stelle heißt es bei der körpersprachlichen Kommunikation, den Hund aus seinen konditionierten Mustern heraus zu holen und behutsam und stetig über viele Wiederholungen, ihn daran zu gewöhnen und alte Verknüpfungen abzumildern.

Was körpersprachliche Arbeit nicht ist

Leider wird die körpersprachliche Arbeit gerne missverstanden. Sie ist keine Methode die aus einem schwierigen Vierbeiner einen Musterknaben macht. Mit körpersprachlicher Arbeit kann man sich weder alle Kommandos sparen, noch Training oder gar Therapie ersetzen. Körpersprachliche Kommunikation kann lediglich Teil einer Methode, eines Trainings oder einer Therapie sein.

Dies führt auch direkt zum nächsten Missverständnis: So manch Hundehalter und sogar Trainer glaubt, sie würde sich auf Bedrohungen des Hundes, Kneifen und ähnliche körperliche Maßnahmen beschränken. Das tut sie mitnichten.

‚Mehr‘ sagen mit weniger Worten

Weg schicken Hund
Auch das Schicken an den Wegrand funktioniert hervorragend körpersprachlich.

Man kann mit seinen Blicken und dem Körper dem Hund sagen an welcher Position man ihn gerne hätte, man kann ihm Geschwindigkeit vorgeben und sagen worum er sich nicht zu kümmern braucht oder was momentan von Interesse ist. Man kann ihn körpersprachlich zu sich einladen und ihm ein Angebot machen, was fernab von einem konditionierten Rückruf stattfindet. Man kann ihm Aufregung signalisieren oder Ruhe. Körpersprachliches Arbeiten beschränkt sich nicht auf Blocken und Abbrüche, sondern führt zu einer besseren Kommunikation zwischen Mensch und Hund, die von Vertrauen und Nähe geprägt ist.

zielgerichtetes Wegschicken
Hier ein zielgerichtetes Wegschicken, was dem Hund, wie man sieht nichts ausmacht. Blocken und Raum nehmen geht aber auch deutlich nuancierter.

Es ist selbstverständlich durchaus möglich und womöglich je nach Situation auch nötig, Grenzen zu setzen. Ein Blocken, Abstoppen und Durchsetzen allerdings mit Bedrohung und Gewalt gleichzusetzen, ist völlig verfehlt. Diese Ansicht missachtet die enorm gute Kommunikationsfähigkeit unseres Hundes. Es ist völlig in Ordnung dem Hund auch mal zu sagen, was er nicht tun soll. Geschieht dies auch noch auf einem Weg den der Hund versteht, ist es umso besser. Wer einen vertrauensvollen Umgang mit dem Hund pflegen möchte, kommt nicht darum herum die Bedürfnisse des Hundes zu achten, sie im Umgang und Training zu berücksichtigen und sich dem Hund gegenüber fair zu verhalten.

Kommunikation ist keine Einbahnstraße!

Zu dem fairen Umgang gehört ebenfalls auch die Körpersprache des Hundes zu lesen und dementsprechend zu antworten. So heißt es auch für uns: erkennen, was der Hund grade möchte, welche Intention er hat, was er grade nicht möchte oder ob er sich gar unwohl fühlt. Wie unsere Antwort aussehen sollte, hängt von dem individuellen Hund ab, von unserer Beziehung zu ihm, der Vorgeschichte, unseren Zielen, unseren Fähigkeiten und der jeweiligen Situation. Es kann darauf keine pauschalen Ratschläge geben. Dementsprechend kritisch sollte man werden, wenn man sowas zu hören bekommt wie „der Hund muss immer hinter einem laufen“. Ein guter Trainer gibt individuelle Ratschläge und Lösungen und stülpt nicht ein Konzept unreflektiert jedem Hund-Halter-Gespann über.

Möglichkeiten körpersprachlich zu arbeiten

Tauber Hund versteht nonverbalen Rückruf
Dieser Hund ist taub, aber den nonverbalen Rückruf versteht er sehr gut.

Die bewusste Kommunikation über Körpersprache hilft in sehr vielen Bereichen im Umgang mit dem Hund. Im Alltag lässt sie sich hervorragend einsetzen, um dem Hund zu sagen, dass er sich um den leinenpöbelnden Jacky gar nicht zu kümmern braucht. Dass er situativ hinter einem, an der Seite oder vor einem laufen soll und dies ganz ohne vorige Konditionierung auf ein Kommando. Generell lassen sich so manch Kommandos damit ‚einsparen‘. Ein ‚Bleib‘ ist nicht nötig, wenn man dem Hund körpersprachlich mitteilen kann, dass er an der Stelle verharren soll. Und genauso wie man den Hund weg schicken kann, kann man ihn zu sich einladen. Anleinsituationen bei denen der Hund auf eine Armlänge hin stehen bleibt, lassen sich so hervorragend umgehen.

Auch bei den schwierigeren Vierbeinern, die Verhaltensprobleme haben, lässt sich schon per Körpersprache einiges regeln. So kann es eine Erleichterung für den unsicheren Hund sein, der auch noch territorial veranlagt ist, weniger Raum zur Verfügung zu haben. Eine Begrenzung des vorderen Raumes, kann ihn deutlich entspannen. Einen hibbeligen Hund kann die konzentrierte körpersprachliche Arbeit wieder Orientierung, Halt und Ruhe bei seinem Menschen finden lassen. Ein ängstlicher Hund profitiert enorm davon, wenn der Halter weiß, wie er ihn selbstbewusst durch ängstigende Situationen führt, so dass der Hund sich gerne anschließt, weil er seinem Menschen vertraut.

Selbst im Hundesport hilft es, sich seiner Körpersprache bewusst zu sein und sie richtig einsetzen zu können. Ob korrektes Fußlaufen oder das genaue Schicken – mit der richtigen Körpersprache macht man es dem Hund leichter und minimiert Fehlerquellen.

Bei der Schulung der richtigen Körpersprache helfen gute Trainer weiter. Mit Videoanalysen und einem direkten Coaching kann man seine Körpersprache schulen und sieht auch direkt die Wirkung auf den Hund. Eine besonders gute Möglichkeit dafür stellt auch das körpersprachliche Longieren dar. Hierbei wird der Hund nur mittels Körpersprache an einem Longierkreis gelenkt, ganz ohne Kommandos, Leckerchen oder Spielzeug. Fehler in der Kommunikation werden so direkt sichtbar und diese Arbeit lässt sich auch hervorragend in den Alltag übertragen. Wer eine schöne Beschäftigung für sich und seinen Hund sucht und gerne mehr körpersprachlich arbeiten möchte, sollte hier mal einen Blick riskieren.

Autorin: Nina Dany

2 Kommentare

  1. Allein, dass hier Körpersprache in Gegensatz zur bösen Konditionierung gesetzt wird, zeigt, dass wenig in die Tiefe gegangen wird. Natürlich wird auch bei Körpersprache konditioniert. Man kann nicht nicht konditionieren.
    Hundeschulen die sich rein körpersprachlich auf die Fahnen schreiben, und meist noch den Blödsinn von „Kommunizieren statt Konditionieren“ vertreten, machen vor allem eines:Hunde nach hinten deckeln. Also meidige Hunde konditionieren. 🤭
    Das wars dann auch schon. Ich habe mir viele Videos angeschaut über „rein körpersprachliches Longieren“ und finde eins gruseliger als das andere. Gestresste Hunde rennen gehetzt im Kreis, was teilweise in Richtung stereotypes Verhalten geht. Sie sind deswegen gestresst, weil sie das Tabu nicht brechen dürfen. Dieses wird Ihnen natürlich rein körpersprachlich vermittelt.
    So etwas funktioniert eh nur mit Willtoplease Rassen. Ein eigenständiger Hund wird derlei Sinnloses nicht mitmachen.
    Insofern :Nö, gefällt mir nicht, der Artikel und hat mich keineswegs inspiriert. Abgesehen davon ist wissenschaftlich erwiesen, dass Hunde hervorragend die menschliche Sprache verstehen können, und die für sie wichtigen Informationen ausfiltern. Wer mit Hunden zu tun hat, lernt sowieso mit der Zeit seine Körpersprache einzusetzen 😉

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