Ein Leben mit Schlittenhunden

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Leben mit Schlittenhunde

Mit dem Herbst rückt der Winter näher, meine absolute Lieblingsjahreszeit! Die Winterzeit im Leben einer Musherin, wie mir, ist die intensivste und schönste die ich mir vorstellen kann. Give me snow, give me dogs and you can keep the rest. (Knud Rasmussen / polar explorer)

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In Lappland, 1000 km nördlich von Stockholm, liegt das kleine Dorf Miekojärvi. Hier leben Kathi und Johanna mit ihren 31 Huskies. Die zwei deutschen Auswanderinnen haben sich auf einer Halbinsel im Mieko-See ihren Lebenstraum erfüllt. Ein einfaches Leben im Einklang mit der Natur und im Rhythmus ihrer Schlittenhunde. Mehr über 8SeasonsHuskies und warum diese deine Unterstützung brauchen, findest du am Ende dieses Artikels.

Im Herbst startet das Training mit meinen Schlittenhunden

Bevor es aber auf den Schlitten geht, starten wir mit dem Training im Herbst auf vier Rädern. Ende August / Anfang September, wenn die Temperaturen fallen, kann es endlich los gehen. Zum Trainieren braucht es kühle Temperaturen und eine niedrige Luftfeuchtigkeit. Ich achte sehr darauf, dass ich nicht zu früh beginne. Denn die große Gefahr ist das Überhitzen der Hunde.

Jedes Hundeteam ist anders. Der Trainingsplan muss bei Bedarf angepasst werden. In dieser Saison habe ich 24 Hunde im Training. 16 davon sind 2 Jahre alt. Die meisten von ihnen vertragen zu hohe Temperaturen nicht gut. Besonders zu Beginn des Herbsttrainings, wenn sie mehr oder weniger untrainiert sind. Deshalb halte ich mich an die Faustregel, von Dr. Lee (Fachärztin für Veterinärmedizin und CEO von VetGirl):

Wenn die Summe von Temperatur (in Fahrenheit) und Luftfeuchtigkeit höher ist als 150, ist es zu warm für die Hunde.

In unserer Region bedeutet es für mich und mein jetziges Team erst zu trainieren, wenn es 8 Grad Celsius oder kälter ist.

8seasonshuskies Schlittenhunde

Das Herbsttraining besteht aus anfangs kurzen Touren, die ich dann nach und nach steigere. Hier kommt es sehr auf das Wetter an, aber vor allem darauf, wie die Hunde „reinkommen“. Da ich meine Schlittenhunde im Sommer nicht ohne Bewegung lasse, haben sie bereits zum Trainingsbeginn eine gute Grundfitness und einen hohen Bewegungsdrang. Diesen fördere ich mit kurzen Konditionseinheiten und Krafttraining. Bis wir dann im besten Fall im November, manchmal aber auch erst im Dezember, auf den Schlitten übergehen können, ist mein Team einige Hundert Kilometer gelaufen.

Mal abgesehen von den Kilometern ist es noch wichtiger, dass das Training Vielseitigkeit, Freude und Gemeinschaft beinhaltet. Ich mache viele Touren, bei denen ich längere Pausen im Wald einplane oder auch Übernachtungstouren. Wir üben Routinen (Ein- und Ausspannen, Booties an- und ausziehen, Pausen, Snacks fressen, Decken auf- und abziehen, …), fahren manchmal über Nacht raus und ich bleibe gerne mit den Hunden im Wald, mache uns ein Lagerfeuer und wir üben das Schlafen an den unterschiedlichsten Orten. Ich habe mir ein Wegnetz über die Jahre gestaltet, bei dem wir auf Schotterwegen, Waldwegen und holprigen Pfaden unterwegs sind. Die Wege kann ich beliebig miteinander verbinden und so das Training spannend gestalten. Auch zum Trainieren der potenziellen Leithunde ist die Vielseitigkeit von Vorteil.

Schlittentouren im Winter durch traumhafte Landschaften

Schlittenhunde Winterlandschaft

Sobald genug Schnee gefallen ist und meine Schneeanker gut im Boden halten, steige ich auf den Schlitten um. Das Laufen auf Schnee, besonders im Tiefschnee, beansprucht natürlich ganz andere Muskelgruppen als das Laufen auf Wegen. Daher gehe ich es am Anfang langsam an. So können die Hunde sich umstellen und ihre Bewegungsabläufe anpassen, ohne dass sie zu erschöpft werden oder zu starken Muskelkater bekommen. Besonders die Pfoten habe ich im Blick. Im Herbsttraining benutzte ich besondere Booties (Hundesocken), die den Abrieb der Pfoten und Nägel durch das Laufen auf steinigen und angefrorenen Böden verhindert. Für das Laufen auf Schnee brauche ich jedoch andere Booties, denn Schnee stollt schnell, wenn die Füße warm und feucht sind. Daher habe ich für die Schneesaison dünnere Booties aus Cordura, die vor allem die Zehenzwischenräume schützen, wo sich sonst Eisklumpen bilden würden.

In Nordschweden, wo ich wohne, haben wir tollste Schneebedingungen bis weit in den April. Es ist traumhaft monatelang Schlittentouren machen zu können. Da ich für Langdistanzrennen trainiere, bereite ich mein Team in Ruhe auf diese langen Distanzen vor. Von anfänglichen Einheiten von 20 Kilometern kommen wir so auf Touren mit bis zu 3 Mal 70 Kilometern hintereinander. Natürlich mit erholsamen Pausen in der Wildnis, bei denen die Hunde ausreichend gefüttert und gewässert werden. Auch Massagen, Pflege und Schmuseeinheiten gehören zu einer erfolgreichen Tour. Es gibt nichts Schöneres als mehrere Tage allein mit seinem Team durch die verschneite Schneelandschaft zu fahren. Hier und da ein Lager aufzuschlagen und sich nur auf die Hunde zu konzentrieren. Es klingt für Dich als LeserIn sicherlich romantisch – doch würde ich es eher als Abenteuer beschreiben. Denn man weiß nie, in welche Situationen man kommen wird! Sei es 30 cm Neuschnee, ein Schneesturm und verschwundene Wege oder eine Gruppe Rentiere, die plötzlich auf der Spur stehen. Mein Team und ich – gemeinsam meistern wir alles!

Der Sommer zieht ins Land und die Pausen werden länger

8seasonshuskies Sommer

Wenn im April der Winter dann so langsam davon schmilzt, wird es Zeit meine Hochleistungssportler langsam für die Sommerpause vorzubereiten. Das Abtrainieren ist eine Zeit, in der ich die Touren wieder kürze und mehr und mehr Pausetage einlege.

An den Pausetagen dürfen die Hunde dann in Kleingruppen länger in unseren großen Freilauf. Dort können sie toben, spielen und sich die Bewegung holen, die sie brauchen. Ich wechsele die Gruppenzusammensetzung immer mal wieder durch. Mir ist es wichtig, dass sie eine schöne und positive Art finden, miteinander zu spielen und nicht zu wild zu werden. Unbeaufsichtigt lasse ich maximal 6 Hunde gleichzeitig auf die 3500 m2. Wenn ich dabeibleibe, sind es oft auch mehr! Wenn ich überlege, wer mit wem in den Freilauf darf, habe ich die Läufigkeit der Hündinnen, Pubertätsbesonderheiten der Junghunde, Altersweisheit und jugendlichen Übermut immer im Hinterkopf.

Sobald die Temperaturen plusgradig werden, stellt sich bei den Schlittenhunden eine natürliche Gemütlichkeit ein. Sie genießen das Faulenzen in der Sonne und werden träge. Wenn wir dann im Mai das Lauf- und Ziehtraining beenden, sind die Hunde schon im Fellwechsel und werfen mit Vergnügen das dicke, warme Fell ab.

Dann ist Sommer. Zeit für Einzeltraining, Sozialtraining, Pflege, Nachwuchs und ganz viel Zeit zum täglichen Spielen und Buddeln im Freilauf. In dieser Zeit achte ich besonders darauf jeden Hund individuell zu sehen. Ich möchte jeden Hund individuell entwickeln und fördern damit er selbstbewusst und so ausgeglichen wie möglich werden kann. Und ich möchte die individuellen Bedürfnisse und die passende Kommunikation herausfinden, um all diesen unglaublichen Persönlichkeiten gerecht zu werden.

Mit diesem Ziel vor Augen bin ich auch und gerade in der Sommerpause jede mögliche Minute bei meinen Schlittenhunden. Und wenn dann langsam der Herbst wiederkommt, habe ich die Bindung zu meinen Tieren weiter vertiefen können und gemeinsam freuen wir uns auf die Abenteuer der kommenden Saison.

8Seasonshuskies hofft auf Unterstützung in der Corona-Krise

Über Jahre haben Kathi und Johanna ihren eigenen kleinen Kennel mit viel Sorgfalt Stück für Stück aufgebaut. Die Pflege, die medizinische Versorgung und vor allem die Vorsorge durch Massagen, Homöopathie, Lasertherapie, ausgefeiltes Training und viel Freilaufmöglichkeiten standen von Anfang an im Mittelpunkt. Die Huskies waren immer der Mittelpunkt, die Familie, um die sich alles gedreht hat. Ihren Lebensunterhalt und vor allem die immensen Kosten für die Pflege und Versorgung der Hunde haben sich Kathi und Johanna durch ihr kleines Tourismusunternehmen für nachhaltige Reisen in Nordskandinavien finanziert. 

Im März 2020 war plötzlich durch Corona alles vorbei. Von heute auf morgen kamen keine Gäste mehr, alle Touren wurden abgesagt und bis auf weiteres storniert. Verbindlichkeiten wurden sehr schnell erdrückend, Rechnungen für die letzten Hundefutterlieferungen konnten nicht mehr beglichen werden. Obwohl durch erste Spenden das Futter für die ersten Monate gesichert werden konnte, war im Mai die Insolvenz der Firma trotz großer Bemühungen nicht länger abzuwenden. Das Einzige was den beiden blieb, war ihr Haus und ihre Hunde. Für Katharina und Johanna alles was zählt.

Die Situation im Tourismus, ausgelöst durch Corona, hat sie in die Knie gezwungen. Aber den Traum vom Leben mit Schlittenhunden im hohen Norden kann ihnen niemand nehmen. Langsam bauen sie sich ihre Existenz wieder auf. So arbeitet Katharina als Quereinsteiger nun mit Waldpflege und Johanna versucht mit Näharbeiten ihren Beitrag zu leisten. Doch Kathi und Johannas Kampf geht weiter bis sie wieder eigenständig für ihre Schlittenhunde sorgen können.

Sie sammeln weiter Spenden, bieten Patenschaften für ihre Hunde an und versorgen den wachsenden Freundeskreis der 8SeasonsHuskies immer wieder mit Geschichten, Bildern, Videos und Hintergrundinformationen zum Leben in Lappland und dem Leben im Einklang mit der Natur und 31 wundervollen Hunden.

➡ Mehr über die beiden, Ihre Schlittenhunde und Unterstützungsmöglichkeiten findest du unter www.8seasonshuskies.com/de/

1 Kommentar

  1. Der Artikel ist mir sehr zu Herzen gegangen,so etwas habe ich schon lange gesucht.Leider habe ich selbst keine Möglchkeit mehr dazu ,aber ich pflege einen Schlittenhunde-Senior aus Grönland ,den ich von nordische-in not e.v. adopiert habe und es ist schon der 2. Es ist sehr sehr schön ,mehr zu erfahren und ich würde es genauso machen ,wie die Autorinnen.Ich ermuntere dazu,die zu alten Hunde mehr übers Netz zur Adoption anzubieten,es sind die allerbesten Gefährten.Auch die Spendenmöglichkeiten sollten besser dargestellt werden.Vielen vielen Dank für das schöne Erlebnis durch den Artikel und alles Gute .Gisela Pätzold.

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