Die moderne Hundeerziehung: Wattebäuschchenwerfer, Wissenschaft, Shitstorms und Moral kritisch hinterfragt

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Border Collie an der Leine
Platz 1: Die moderne Hundeerziehung: Wattebäuschchenwerfer, Wissenschaft, Shitstorms und Moral kritisch hinterfragt

Direkt zu Anfang möchte ich ein kleines Gedankenexperiment machen. Man stelle sich vor, man wäre plötzlich in China und ist konfrontiert mit Menschen, die eine völlig andere Sprache sprechen sowie einen vollkommen anderen kulturellen Hintergrund haben.

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Man weiß nicht, was sich in dieser Welt nun gehört und was nicht. Man kennt die Gepflogenheiten schlicht und ergreifend nicht und ist darauf angewiesen, dass die anderen Menschen einem zeigen, was man tun darf und was nicht. Um den nächsten Menschen, der nett aussieht, nun zu begrüßen, streckt man ihm die Hand aus. Dieser ignoriert einen völlig. Für einen Menschen, der auf eine soziale Gemeinschaft angewiesen ist, ist dieses Verhalten eine sehr einschneidende Erfahrung. Dann nimmt man die Hand zurück und schwupps – bekommt man einen Brocken Schokolade zugeworfen.

Total abwegig? Für manch Hund ist das Alltag.

Wieder in Deutschland: Auf dem Kinderspielplatz sitzen der kleine Kevin und Jaqueline zusammen im Sandkasten. Jaqueline ist heute nicht gut drauf. Vielleicht hat sie ernsthafte Probleme zuhause oder vielleicht ist sie nur ein Kind, dass mal die Grenzen testen möchte. Wie auch immer – Jaqueline nimmt Kevin den Spieleimer weg. Kevin reagiert natürlich dementsprechend angefressen. Er nimmt seine Schaufel und haut Jaqueline auf den Kopf.

Jaqueline heult und Kevin macht weiter. Irgendwann wird es Kevin zu doof, weil die blöde Jaqueline immer noch nicht den Eimer raus rückt. Er hört mit dem Schlagen auf. In dem Moment ertönt ein lautes „Suuuupeeeeeeer Feiiiiiiiiiiiiin“ und der Kevin bekommt ein Bonbon in den Mund geschoben. Wer würde das als Erziehung bezeichnen? Unter Hundehaltern durchaus eine mittlerweile übliche Begebenheit, wenn man Kevin und Jaqueline als Hunde sehen würde, der Spieleimer ein Ball wäre und das Bonbon ein Leckerchen.

Für den „Otto-normal-Hundehalter“ völlig abwegige Gedankengänge. Für die moderne Hundeerziehung dagegen völlig normal.

Die neue moderne Hundeerziehung

Schäferhund-Husky-Mix ist sich nicht sicher
Was Schnuppe wohl sagen würde, wenn sie wüsste was für ein Brimborium um den Hund gemacht wird? Wahrscheinlich: Die spinnen doch die Menschen.

Es hat sich eine Richtung in der Hundeerziehung heraus gebildet, die genau das propagiert. Berufen wird sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse und die Haltung der völligen Ablehnung von Gewalt.

Hunde werden ausschließlich mit positiven Verstärkern (sprich Lob, Spiel, Futter oder was der Hund sonst so gerne macht) erzogen und bei jedem Verhalten soll ein Moment sein, den man verstärken kann, um das Verhalten modifizieren und kontrollieren zu können. Hört sich schlüssig an und ist für jemanden, der Hunde hält, durchaus reizvoll.

Wer will schon mit dem geliebten Familienmitglied schimpfen? Wer findet es schon toll, wenn der Hund einen mit diesen großen traurigen Augen ansieht und sich auf seine Decke verzieht? Wer möchte nicht nur lieb zu seinem treuen Vierbeiner sein, den man so sehr liebt?

Als interessierter Hundehalterin, der sich mit Wissenschaft auseinandersetzt, die wissenschaftliche Arbeit können muss, sich selber als friedlich bezeichnen würde und seine Hunde liebt, habe auch ich mich natürlich mit dieser neuen Richtung auseinandergesetzt. Auch ich lehne „Gewalt“ in der Erziehung ab und fand die Ansätze dieser neuen Richtung gar nicht mal so schlecht.

Die Theorie der modernen Hundeerziehung

Fangen wir mit der Theorie an. Es wird sich auf „moderne wissenschaftliche Erkenntnisse“ berufen, die das eigene Handeln legitimieren. Eigentlich schon per se ein Totschlag-Argument, denn die Wissenschaft hat doch immer Recht. Wenn man etwas von wissenschaftlichen Arbeiten weiß, gilt dieses Argument dagegen nicht mehr.

Insbesondere wenn man in der Forschung arbeitet und sich mit wissenschaftlichen Fachdiskussionen auseinandersetzen muss, weiß man, dass die Wissenschaft eben nicht immer einfach Recht hat. Es gibt zu jedem Thema verschiedene Studien und Experimente und wie man die gemachten Beobachtungen, beziehungsweise Erkenntnisse bewertet, ist von Wissenschaftler zu Wissenschaftler völlig verschieden.

Man hat mit Aussagen zu tun, die sich schlicht und ergreifend auch widersprechen. Studien widersprechen sich. Experimente widersprechen sich und die Aussagen der Theoretiker widersprechen sich. Nun würde man sich von diesem Punkt aus wünschen, dass offen gelegt würde, welche moderne Erkenntnisse aus der Wissenschaft, die Basis für diese moderne Hundeerziehung nun die Grundlage bilden.

Gerne würde ich diese Studien und Experimente näher betrachten. Sehen, ob die wissenschaftlichen Maßstäbe an solchen Arbeiten eingehalten wurden und die Gütekriterien alle zutreffen. Nur etwas als Wissenschaft zu bezeichnen, ist noch lange keine seriöse Wissenschaft. Bis heute ist man mir diese Antworten schuldig geblieben. Ich gehe auch davon aus, dass die wenigsten Anhänger der modernen Hundeerziehung überhaupt wissen, wovon sie bei solchen Dingen reden – sonst wäre eine sachliche Fachdiskussion schließlich auch möglich.

Im Grunde genommen wird letzten Endes immer wieder auf die Theorien der operanten und klassischen Konditionierung verwiesen. Nun sind die Theorien 100 beziehungsweise 50 Jahre alt. Kann man das ernsthaft als „neue wissenschaftliche Erkenntnisse“ bezeichnen?

Auch Verweise auf andere Experimente und Studien, die aktueller sind, leiden unter einen sehr unterschätzten Einschränkung: Die biologische Verhaltensforschung kann nicht „in den Hund hineinsehen“. Sie zieht Rückschlüsse aus dem Verhalten, aufgrund einer bestimmten Bedingung innerhalb eines Labors. Die Homogenität der untersuchten Hunde und die klinischen Laborbedingungen sind für die Forschung wichtig. Dies macht eine Übertragung auf den Alltag mit einem völlig anderen Hund unter völlig anderen Umständen jedoch schwierig. Eins zu Eins diese Erkenntnisse zu übernehmen und als Grundlage für ein ganzes Konzept zu nutzen, ist dementsprechend viel zu kurz gedacht.

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Wissenschaft und normative Aussagen

Als jemand der sich mit der Wissenschaft auseinandersetzt, bin ich auch von den stark normativen Aussagen erstaunt. Sowohl die Lerntheorien, als auch sämtliche sonstige wissenschaftliche Theorien machen niemals normative Aussagen. Sie machen grundsätzlich deskriptive Aussagen, die beschreiben. Sie beschreiben zum Beispiel, was bei der Versuchsbedingung A für ein Verhalten zu erwarten ist. Jedoch wird man niemals die Folgerung finden, sich „deswegen immer so und so zu verhalten“. Ein „Soll“ ist normativ und somit nicht mehr wissenschaftlich. Somit ist die Begründung „man soll Hunde niemals strafen“ moralisch und nicht wissenschaftlich. Warum ich einen Hund nicht strafen darf, erschließt sich mir in diesem Zusammenhang überhaupt nicht.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die völlige Negierung von Studien, Beobachtungen und Experimenten, die einen völligen Gegensatz zu dem bilden, was diese Leute eigentlich propagieren. Zur Erklärung: Meide- und Stressverhalten wird in der modernen Hundeerziehung nicht mehr gerne gesehen. Der Hund fühlt sich offenbar ja „schlecht“ und das möchte man nicht. Somit soll er auch bloß nie in die Bedrängnis kommen zu „beschwichtigen“.

Beschwichtigung? Nein, sie hat nur grade etwas Leckeres gefunden.
Beschwichtigung? Nein, sie hat nur grade etwas Leckeres gefunden.

Da denke man an die Beobachtungen von Bloch, der bei seiner Studie an verwilderten Haushunden gut zeigen konnte, dass so manches „Beschwichtigungssignal“ in den meisten Fällen einfach eine normale Geste ist, die gar nicht so häufig in der Kommunikation gezeigt wird.

Ein gähnender Hund ist eben häufig auch nur ein müder Hund. Oder man denke an die Studie, bei der man heraus gefunden hat, dass ein Hund, der über Teletak und Stachelhalsband ein Abbruchsignal lernt, weniger Stress hat, als ein Hund der es nur positiv aufgebaut bekommen hat.

Ich würde da erwarten, dass einige schlüssige Argumente kommen würden, die dagegen argumentieren. Selbst mir fällt das nicht schwer, dabei gehöre ich gar nicht zu den Leuten, die immer nur positiv arbeiten. Aber diese Erkenntnisse werden völlig ignoriert und jegliche Gegenargumentation driftet ins Persönliche ab. So werden bekannte Forscher wie Herr Dr. Gansloßer diffamiert, indem gesagt wird, dass Dr. Gansloße ja nur einen Hund bisher gehalten hätte und somit gar keine Ahnung habe.

Es wäre mir neu, dass man für eine wissenschaftliche Forschung über ein Tier, bereits mehrere Tiere dieser Art gehalten haben müsste.

Auch werden andere Theorien überhaupt nicht berücksichtigt. So ist die soziale Lerntheorie bei Hunden wirklich brandaktuell. Erkenntnisse darüber gibt es schon länger, aber die Übertragung auf Hunde ist eine neue Herangehensweise. Dies wird aber ebenfalls völlig negiert, denn man selber ist kein Hund. Und da Leute, die so argumentieren, gerne ins Persönliche gehen, wird direkt gesagt dass man dem Hund ja auch nicht am Hintern schnüffeln würde. Das ist natürlich kein Argument, denn keiner würde das propagieren.

Fakt ist jedoch, dass Hunde es verstehen wenn wir sie anknurren, anstarren, uns groß machen oder mit dem Körper blocken. Hunde verhundlichen ihren Menschen permanent. Umso wichtiger ist es dabei, sich so zu verhalten, dass man auch als Mensch eindeutig genug ist, um vom Hund verstanden zu werden. Warum ich das nicht einsetzen darf, ist mir völlig schleierhaft.

Die Praxis der Hundehaltung

Nun ist alle Theorie grau und in der Hundehaltung hat letzten Endes die Praxis die größte Bedeutung. Betrachten wir die Praxis der neuen Hundeerziehung. An diesem Punkt wird es teilweise richtig absurd. Es wird mit einer „Verstärker-Hierarchie“ geschaut, was der Hund am liebsten mag. Und ja – da wird sich auf den Boden gesetzt und dem Hund Käsewürfel und Hühnerherzen entgegen gestreckt, um zu schauen was der Hund besser findet.

Es wird ein Ruckdämpfer in die Leine gemacht, wenn der Hund zieht oder ruckartig in die Leine springt. Natürlich trägt der Hund ein Geschirr – nicht dass der Hals von ihm beschädigt wird. Dass dabei eventuell ein Mensch hinterher fliegt, der sich mal eben ein paar Knochen brechen kann, wird wieder gekonnt ignoriert.

Jegliche Eingriffe beim Hund werden angekündigt. Ob es nun ein Richtungswechsel ist, ein Anleinen, ein Hochheben, ein Festhalten und so weiter. Nicht, dass der Hund sich noch erschreckt oder auch nur eine negative Empfindung hat! Dem Hund wird letzten Endes der rote Teppich ausgerollt. Anscheinend ist er der bessere Mensch.

Schon ein lautes „Nein“ ist verpönt, da man dann mit Schreckreizen arbeitet und der Hund nur aus Angst vor Strafe hört. Stattdessen wird mit der intermediären Brücke gearbeitet. Letzten Endes kann man sich vorstellen, wie jemand im Wald steht und den Hund ruft. Bequemt sich der Hund irgendwann mal dazu, sich zum Menschen zu bewegen, wird das mit einem „lalalalalala“ kommentiert um beim Menschen die Belohnung zu bekommen. Dreht der Hund auf halbem Weg um, weil er grade etwas Besseres findet, folgt natürlich keine Konsequenz. Höchstens die Konsequenz, dass der Hund das nächste Mal nicht abgeleint wird.

Das Ganze klingt wahrlich abstrus, aber ist genau die Realität. Die Grenzen dieser Form der Erziehung werden sehr schnell klar. Sobald der Hund etwas Besseres findet als die Hühnerherzen beim Menschen, wird er sich dem zuwenden. Hasen jagen ist für die meisten Jagdhunde einfach besser als das Futter beim Menschen. Und wenn sie es tun, haben sie ja auch keine negativen Konsequenzen zu erwarten. WARUM sollte der Hund also NICHT seinen Interessen nachgehen?

Natürlich wird das alles langsam aufgebaut, um später ein Verhalten zu etablieren, das auch in starken Ablenkungssituationen funktioniert. Theoretisch denkbar aber praktisch nur selten möglich. Da verwundert es nicht, wenn viele Leute, die so arbeiten ewig nur bis zu einem gewissen Punkt kommen. Ab dem Punkt, wo der Hund einen Interessenkonflikt hat, steht man machtlos da. Da verwundert es ebenfalls nicht, dass man nur selten mal das fertige Resultat sieht bei Hunden die Problemverhalten zeigen und so „umgepolt“ werden.

Der Hund als Reiz-Reaktions-Maschine?

Muss ein Hund so sein, um "glücklich" zu sein?
Muss ein Hund so sein, um „glücklich“ zu sein?

Letzten Endes wird der Hund auf eine Reiz-Reaktions-Maschine degradiert. Der Hund zeigt Verhalten A, wird belohnt und führt daraufhin Verhalten A häufiger aus. Das ist der Grundsatz, auf den sich konzentriert wird.

Was für eine einfache Gleichung, wenn unsere Hunde nicht so hoch soziale Lebewesen wären, die mit uns in einer besonderen Form der Gemeinschaft leben. Permanent machen Hunde uns soziale Angebote. Was spricht dagegen, diese Angebote auch sozial zu beantworten?

Warum sollte man an dieser Stelle mit der Konditionierung anfangen und somit Kommunikation in seiner ursprünglichen Form behindern? Man stelle sich das anfängliche China Gedankenexperiment vor – wie gerne hätte man dann jemanden, der einen an die Hand nimmt und einem die Kultur zeigt, in der man sich nun bewegen muss?

Ein strenger Blick, wenn man die Hand entgegen streckt ist natürlich im ersten Moment unangenehm. Auf lange Sicht aber wird einem viel Ungewissheit abgenommen, da man dies wenigstens verstanden hat. „Hände geben ist also nicht“ *puh* – von hier aus kann man endlich etwas sicherer weiter gehen.

Bei Hunden wird aber genau das gemacht. Sie leben permanent in einer Grauzone, ohne zu wissen was nun gewollt ist und was nicht. Latente Überforderung und Verunsicherung sind dabei die Gefahren, die ebenfalls negiert werden. Wenn man ausschließlich positiv arbeitet, zeigen Hunde so etwas angeblich nicht. Leider sieht das in der Praxis häufig völlig anders aus.

Gegen Unsicherheit und Stresssymptome wird natürlich ebenfalls wieder alles „schön geklickert“ ohne zu sehen dass der Hund einfach nur eine eindeutige Linie bräuchte, an der er sich orientieren kann.

Aggressionen

Und damit kommen wir zum nächsten Punkt, der mir immer wieder sauer aufstößt: Es wird behauptet alles könnte man positiv gestalten. Was aber tun, wenn der Hund sich aggressiv zeigt?

Meistens wird der Weg einer systematischen Desensibilisierung gegangen. Damit der Hund ein positives Gefühl bei Agressions-auslösenden Reizen, wie fremden Hunde bekommt, wird er in einem ansprechbaren Abstand gehalten und der andere Hund wird nun schön geklickert. Klappt theoretisch ganz wunderbar, wenn die Praxis sich nur an die Theorie halten würde.

Oft hat man Situationen, denen man gar nicht aus dem Weg gehen kann. Sei es weil ein Tut-Nix zum eigenen Hund hin läuft, der Abstand der „anderen Straßenseite“ nicht groß genug ist oder man als Mensch den anderen Hund zu spät sieht. Den Alltag können wir eben nicht kontrollieren. Der Hund kommt somit immer wieder in ein altes Verhaltensmuster und der Aufbau eines Alternativverhaltens wird unwahrscheinlich erschwert.

Ganz normale hündische Kommunikation-keine war danach traumatisiert. Es wurde sich wieder aufgerappelt und weiter gespielt. Nur diesmal vorsichtiger.
Ganz normale hündische Kommunikation-keiner war danach traumatisiert. Es wurde sich wieder aufgerappelt und weiter gespielt. Nur diesmal vorsichtiger. Der Grund für die Einwirkung war nämlich schlicht und ergreifend: Benimm dich, wenn du mit mir toben möchtest!

Oft kommt an dieser Stelle das Argument, man könne auch in ein negatives Verhalten wie die Aggression „rein klickern“ und der Hund würde sie so positiv erleben. Dabei wird aber ein ganz entscheidender Punkt übersehen: Wer sagt, dass der Hund Aggressionen wirklich als negativ erlebt? Das ist etwas, was die zumeist weibliche Anhängerschaft so empfindet.

Nun sind Hunde keine Menschen und nun wirklich auch keine Frauen ;) Frauen empfinden jegliche Aggressionen als deutlich negativ, weil sie in der Gesellschaft dies so erlernt haben. Frauen haben nicht aggressiv zu sein und sollen Konflikte auch nicht so lösen.

Es ist kein Wunder, dass Frauen dann dazu neigen, aggressive Konflikte anders zu lösen – und das macht auch vor dem eigenen Hund nicht halt. Jedoch können Aggressionen durchaus auch positiv erlebt werden. Die meisten Männer würden mir wohl zustimmen, wenn ich sage, dass es sehr befreiend sein kann auch mal ordentlich auf die „Kacke zu hauen“.

Ein Phänomen das man von Jugendlichen und Kindern kennt, die sich durchaus auch zum Spaß prügeln. In der Tierwelt sind Aggressionen nichts Schlechtes, sondern lediglich eine Form der Konfliktbewältigung. Zu sagen, dass eine negative Stimmung ursächlich sei für Aggression, ist also falsch. Die Gründe dafür sind vielschichtig und genau so muss man das Problem auch angehen. Eine lustvolle Aggression lässt sich nicht mit Hühnerherzen beantworten!

Die Ursache für aggressives Verhalten eines Hundes ist für Leute, die rein mit positiver Verstärkung arbeiten, nach deren Argumentation eine negative Gefühlslage des Hundes. Bei der Frage wie das zustande kommt, ist die Antwort meiner Erfahrung nach, meistens die gleiche:

Der hat mal schlechte Erfahrungen gemacht

Sei es, weil der Hund im Welpenalter von einem „Tut-nix“ überrannt wurde, von einem fremden Hund angegriffen wurde, von Fremden geärgert wurde, sich erschrocken hat, weil ein paar Jugendliche in seiner Nähe randaliert haben und so weiter.

Klar ist immer: Die Ursache für diese emotionale „Fehl-Prägung“ ist grundsätzlich außerhalb zu finden und liegt somit außerhalb der Kontrolle des Besitzers. Dabei wird oft völlig außer Acht gelassen, dass die Ursachen für Fehlverhalten komplex sind. Der Hundebesitzer spielt dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle. Unsichere Hundehalter haben oft unsichere Hunde. So ist der Schock eines Angriffs auch beim Menschen sehr prägend. Übervorsichtigkeit, Trösten und Angst sind die Folge beim Menschen, die natürlich auch eine große Auswirkung auf den Hund haben.

Kontrolle als Gefahr der Persönlichkeitsentwicklung: Hunde lernen Hilflosigkeit

Aufgrund des schrittweisen Trainings und der Gefahr der „Fehl-Prägungen“ wird in stark kontrollierten Situationen trainiert. Der Hund entscheidet de fakto nichts mehr selbst. Eine Auseinandersetzung des Hundes mit einer für ihn unangenehmen Situation wird auch gar nicht gewünscht. Wie der Hund dann sich noch selbst entwickeln soll und ein stabiles Selbstbewusstsein entwickeln soll, damit er in für ihn unvorhergesehenen Situationen nicht völlig aus der Bahn geworfen wird, ist fraglich.

Gewaltfreier Umgang mit dem Hund?

Nun könnte es mir eigentlich vollkommen wurscht sein, wie jemand mit seinem Hund umgeht. Weder bin ich Trainer, noch bin ich Verhaltensbiologe. Tatsächlich ist es mir bis zu einem gewissen Grad wirklich egal, wie jemand mit seinem Hund umgeht.

Solange ich keinen sehe, der meint, wie von Sinnen auf seinen Hund einprügeln zu müssen, kann durchaus jeder Handhaben, wie er es für richtig hält. Störend werden doch die „Wattebäuschchenwerfer“, wenn sie sich als Gutmenschen hoch stilisieren und andere Hundehalter vollkommen runter machen. Das fängt schon beim Selbstverständnis an.

Ein gern gesehenes Argument, warum diese Menschen so arbeiten wie sie arbeiten, ist:

Ich lehne Gewalt in jeglicher Form ab und dies tue ich auch bei der Arbeit mit Hunden

Was ist genau Gewalt? Wenn schon ein Leinenimpuls Gewalt ist, muss ich ein gewalttätiger Mensch sein. Dabei setze ich diesen gar nicht ein, um dem Hund willkürlich Schaden zuzufügen. Ich nutze diesen, um ihn durch ein „Zuppeln“ wieder aufmerksam zu bekommen. Nur weil ich jemanden auf die Schulter tippe, bin ich ja auch noch lange nicht gewalttätig. Bezeichnet wird die Arbeit über positive Verstärkung als „gewaltfreier Weg“. Das mag durchaus so sein, aber andere Wege sind auch gewaltfrei. Gewalt ist nicht eine Strafe. Durch diese Äußerung wird aber genau das suggeriert: Andere Wege sind nicht gewaltfrei.

Ein Blick der Bände spricht: Die ungestühme Annäherung des Border Collies missfällt Schnuppe.
Ein Blick der Bände spricht: Die ungestühme Annäherung des Border Collies missfällt Schnuppe.

Dabei beschränkt sich das gewaltfreie Verhalten aber auch nur auf Hunde. Wie kann es sonst sein, dass insbesondere diese Leute sich an Shitstorms (Anmerkung der Redaktion: Der Duden definiert einen Shitstorm als „Sturm der Entrüstung in einem Kommunikationsmedium des Internets, der zum Teil mit beleidigenden Äußerungen einhergeht) beteiligen, die anderen Trainern einfach so die Existenzgrundlage entziehen kann?

Gewaltfrei ist dies nicht mehr. Da fragt man sich doch, ob die Menschen wirklich immer so nett mit ihren Hunden arbeiten, wie sie behaupten. Zumal ich mich doch öfter frage, was für ein Übermensch man sein muss, um immer nur positiv mit seinem Hund zu arbeiten.

Ich habe durchaus auch mal einen schlechten Tag, bei dem ich jeden angrummel der mir zu nahe kommt. Ohne Kaffee morgens bin ich völlig unausstehlich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich da die große Ausnahme bin? Natürlich bin ich in diesen Momenten auch mal nicht so nett zu meinen Hunden. Und da sag ich durchaus auch, dass ich ein Verhalten eben nicht wünsche. In so einer Situation suche ich nicht ewig nach dem Moment, den ich verstärken kann.

Selbst wenn ich es mir vornehmen würde – völlig und immer könnte ich so gar nicht arbeiten. Um ehrlich zu sein, denke ich dass es so auch den meisten „Wattebäuschchenwerfer“ geht. Zwischen „Sagen“ und „Handeln“ liegen immer noch große Unterschiede.

Eine offene Gesprächskultur als Grundbedingung

Eine offenere Haltung wäre jedoch genau das, was ich mir an dieser Stelle sehr wünschen würde. Auch wenn hier ein anderer Eindruck entsteht: Ich arbeite möglichst positiv mit meinen Hunden. Ich arbeite auch gerne mit dem Klicker oder einem Markerwort. Sämtliche Kommandos bringe ich grundsätzlich positiv bei. Mein Hund muss nicht hören weil „der das für mich tun soll“. Ich brezel auch keine Leine über seinen Kopf, wenn er mal nicht hört.

In der Hundehaltung ist das wichtigste für mich – Nähe, eine gute Bindung und eine vertrauensvolle Beziehung. Dies schafft man kaum über ein permanentes Meideverhalten. Meine Hunde müssen auch nicht alles können. Ich möchte keinen Hund verbiegen, damit er mir in den Kram passt. Eine stabile und eigene Persönlichkeit ist mir da sehr viel wichtiger. Trotzdem werde ich von den meisten „Wattebäuschchenwerfern“ als jemand aus dem „anderen Lager“ empfunden. Und damit bin ich schon übelsten Beleidigungen und Anfeindungen ausgesetzt gewesen.

Besonders durch diese ablehnende Haltung, wird es auch Trainern verbaut, dazu lernen zu können. Sehr vieles lässt sich tatsächlich über positive Verstärkung, sehr gut in den Griff bekommen. Damit jemand dazu lernt, ist es aber wichtig eine Gesprächskultur zu schaffen, die nicht alles Andere vollkommen ablehnt, was nicht in das eigene Weltbild passt. Der Weg der positiven Verstärkung hat Grenzen. Dies wird nur niemals öffentlich gesagt.

Herrlich unaufgeregt: 3 Hunde an der Leine.
Herrlich unaufgeregt: 3 Hunde an der Leine.

In diesem Sinne erwarte ich einen „Shitstorm“, mit Maß und Ziel. Teilt und redet über diesen Artikeln in anderen Foren, Gruppen, Blogs oder schreibt unten einen Kommentar. Versucht es aber mit einem offenen Austausch und versteckt eure Meinung nicht in Heimlichkeit.

Mir bleibt die Hoffnung, dass so manch verunsicherter Hundehalter wieder seine eigene Haltung entdeckt, auf seinen Hund achtet und auf sein Bauchgefühl hört.

Das ist doch das Wichtigste: Die eigene Authentizität, die man auch gegenüber seinem Hund so zeigen kann. Ich bin mir sicher, dass viele Probleme sich schon allein dadurch beheben lassen.

Autorin: Nina Dany

[box]This article is also available in English. Read now![/box]

333 Kommentare

  1. Dem ist nichts mehr hinzu zu fügen. Bei mir gibt es das böse Wort „Nein“ „Pfui“ „Spuck das sofort aus“ äh ja ich schweif vom Thema ab. Macht sie etwas was sie nicht soll sag ich ihr das deutlich ohne zu prügeln. Tarja kennt mich ganz genau und häufig reicht schon das entgleisen meiner Gesichtszüge aus das sie reagiert. Sie hört auch an meiner stimme wann man mein „Nein“ getrost ignorieren kann, es langsam brenzlig wird und wann absoluter Gehorsam unabdingbar ist um noch einen schönen Heimweg an der langen(!) Leine zu haben.

  2. Wattebäuschchenwerfer lach…… aber stimmt.

    Ich bin die Manuela Baujahr 1966 und hatte schon immer Hunde.
    Meistens ein Rudel von 4 bis 5 Hunden.
    Fast alle waren sogenannte Problemhunde aus verschiedenen Tierheimen.
    Ich glaube es gibt nirgends so grosse Verwirrungen, Widersprüche, Diskussionen etc. wie bei dem Thema Hundeerziehung.

    Eigentlich ist das doch eine ganz einfache Sache!
    Behandelt die Pferde, wie ein Pferd.
    Behandelt einen Hund, wie einen Wolf.
    Könnte man nun mit jeder Tiergattung so weiter aufschreiben ;-)
    Und Behandelt einen Menschen wie einen Menschen und nicht einen Hund, wie einen Menschen!

    Lernt die Sprache vom Hund (Wolf) und erwartet nicht, das er Eure Worte und handeln, wenn die Erziehung vermenschlicht wird er dann den Sinn dahinter verstehen soll.
    Will man sich einen Hund anschaffen, dann studiert doch bitte vorher genau das verhalten von Wölfen.
    Beobachtet ein intaktes Hunderudel.
    Beobachtet wenn ihr auf einer grossen Hundewiese seit, wie ein unbekannter Hund, empfangen wird, von den bereits vorhanden Hunderudel.
    Ist der neue zu aufgeregt, ( negative Ausstrahlungen )bekommt er schnell eins gewischt!Usw.
    Seine Aufgeregtheit, wird umgeleitet,das er sich beruhigen soll.

    Die Hunde machen da kein langes Theater.
    Ein Hund macht es mit der Schnauze, der Mensch kann dazu seine Hand gebrauchen,in dem er den Hund kurz an stupst.
    Doch da schreien einige sogenannte Hundehalter schon von Brutalität. Das ist einfach Lachhaft;-)

    Ich schlage kein Tier. Ich schreie möglichst auch kein Tier an.
    Aber ich versuche das Tier ( Hund ) möglichst so zu behandeln, wie sie mich auch verstehen können, was ich von ihnen verlange und erwarte.
    Bei mir gibt es auch selten bis nie, Leckerlie.
    Denn ich bin der Ruderanführer und ich habe noch nie gesehen, das ein Ruderanführer bei Hunden oder Wölfen, einen unterlegenen damit erziehen will, das er ihm ständig was von seiner Beute vor die Pfoten wirft oder in die Schnauze drückt „g“
    Als ich vor paar Jahren mal ein sogenanntes schwer erziehbares Pony bekam,
    muss dazu sagen, es war ein Hengst und ich mich bückte um am Boden was aufzuheben,
    ging es paar Sekunden und das Kerlchen stieg mir auf den Rücken.
    Was machte ich? Na das gleiche wie es ein anderes Pony gemacht hätte, das den Höheren Rang für sich beansprucht!
    Ich schlug mit meinem einten Fuss nach hinten aus.

    Ist doch wie gesagt, eigentlich alles ganz einfach ;-)
    Ein Tier so zu erziehen, wie es von der Natur aus gewohnt wäre,
    hat nichts mit Brutalität zu tun, sondern ist das natürlichste was es gibt und so auch vom Tier, verstanden wird.

    In dem Sinne
    Mfg Manuela

  3. Hallo Nina,
    Ich bin Hunde Neuling und habe einen 19 Wochen alten sehr sehr quirligen Welpen. Als null Ahnungs Typus was Hundeerziehung angeht wurde ich völlig vom Dschungel verschiedener Erziehungsmethoden überrollt… vorallem die positive Bestärkungs Methode hört sich ja für jeden Menschen mit Herz der seinen Hund liebt wirklich gut an. Also habe ich es erstmal mit dieser Methode versucht. Ich habe jedoch schnell gemerkt, dass ich so viele schnelle und erwünschenswerte Verhaltensweisen meines Hundes gar nicht ständig belohnen kann… und bei aggressiven Verhalten soll ich ihn dann logischerweise nicht belohnen… und das soll er dann verstehen? Er hat es eher als Duldung meiner seits ausgefasst und somit sobald er seinen Sturkopf durchsetzen wollte dass gemacht was er wollte. Irgendwann wurde es mir dann zu viel… ich habe angefangen durchzugreifen, ich habe klare Verbote gesetzt und ihn getadelt z.B. mit lautem anmäckern, erschrecken und auch mal ein weg schupsen und einen Klapps wenn er mich schnappen wollte. Ich verprügel meinen Hund nicht, ich zeige ihm nur dass ich stärker bin als er und sein Rudelführer bin und ein fehlerhaftes Verhalten Konsequenzen für ihn hat. Ich hatte die ganze Zeit ein schlechtes Gewissen, weil überall in allen Foren so ein Verhalten verpöhnt wird. Dein Artikel hat mir wieder Mut gemacht und gezeigt dass ich keine Rabenhundemutter bin und solange ich Fortschritte sehe und sehe dass die klare Rollenverteilung dem Hund gut tut, kein schlechtes Gewissen haben muss. Danke. :)

  4. Ich habe grundsätzlich das Gefühl, dass ich mit meinem erstem Gefühl…meinem INSTINKT…meistens bei Hund und mir das Beste erreiche und mit das Beste meine ich wirklich nur, was für mich und meinen Hund passt und nicht, was andere meinen, was nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen „richtig“ ist. Und eins gibt es trotzallem nicht…mein Hund wird nie ernsthaft körperlich gemaßregelt…es gib´t aber hündische Möglichkeiten, denn mein Hund ist ein Hund und kein verhundlichter Mensch !!!

  5. Also, mal ganz ehrlich. Wie soll ein Hundehalter bei den ganzen Erziehungsmethoden wissen, was richtig für seinen Hund, aber auch für ihn ist??? Ich hab es mit der Operanten Konditionierung und der klassischen Konditionierung versucht, dann noch mit ein paar Tipps aus dem Inet, weil ich in manchen Situationen nicht weiter wusste. Mittlerweile muss ich sagen, weiß ich nicht mehr weiter. Stunden hab ich damit verbracht, Hundeliteratur durchzuackern…Die perfekte Methode ist mir leider bisher nicht untergekommen. Eigentlich bin ich ein friedfertiger Mensch, dem Gewalt zuwider ist. Jedoch habe ich die Erfahrung gemacht, dass wenn ich überfordert bin, auch ich nicht davor gefeit bin, etwas deutlicher zu werden. Mein Hund ist erst 4 Monate alt und kann mit Frust nicht gut umgehen. Er zwickte mich ins Bein, um mich zum Spiel aufzufordern. Natürlich wollte ich nicht darauf eingehen, da ja nur der Chef zu Spiel auffordern soll. Das Zwicken tat aber durch seine spitzen Milchzähne ganz schön weh, also versuchte ich ihn mit meiner Hand abzuwehren(wegzuschubsen)Da biss er mir in die Hand. Das war kein Zwicken mehr, es floss Blut und es tat verdammt weh. Aus einem Reflex heraus schlug ich auf seine Schnauze. Er ließ sofort von mir ab und trollte sich. Und wie er mich so ansah (in meinen Augen ängstlich), da bekam ich einen richtigen Heulkrampf. Was hatte ich nur meinem Hund angetan? Ich hasste mich in diesem Moment wirklich selbst. All die guten Vorsätze dahin….Und nun? Bin ich verwirrter denn je. Vom Grundsatz her möchte ich meinen Hund ohne Gewalt erziehen, jedoch finde ich, dass ich mir auch nicht alles von ihm gefallen lassen kann. Wo ist der richtige Mittelweg? Was ist zuviel und was zu wenig? Ich beneide wirklich die Leute, bei denen alles einfach so klappt! Doch egal mit welcher Methode, egal von welcher Fraktion, die Weißheit scheinen irgendwie alle mit Löffeln gefressen zu haben :)

    • Ich denke, dass man sich viel zu oft durch Literatur und Trainern verunsichern lässt. Jeder preist seine einzig wahre Methode an, die garantiert auch überall funktioniert. Und der Hundehalter der Hilfe sucht, weil er mit seinem Liebling an seine erzieherischen Grenzen kommt, nimmt natürlich gerne diese „Wunder-Methode“ in der Hoffnung, dass es nun alles funktioniert. Und wenn es das nicht tut, wird sich auf die nächste Methode gestürzt, die womöglich der ersteren widerspricht. Funktioniert das dann nicht, wird man zunehmend verunsichert. Hinzu kommen die vielen Meinungen anderer Hundehalter, Blogs, Foren usw. Da ist das Chaos perfekt. Zurück bleibt ein Hundehalter der den Blick für das Wesentliche verloren hat: Für sich und seinen Hund. Was für Bedürfnisse habe ich? Was für Bedürfnisse hat mein Hund? Welche Möglichkeiten sehe ich, diese in Einklang zu bringen? Anstatt immer nach Methode XY zu arbeiten und Hunderte von Stimmen im Kopf zu haben, sollte man auch mal auf sein Bauchgefühl hören, was leider sehr oft abhanden gekommen ist. Wenn mein Hund mich zum spielen auffordert, gehe ich zum Beispiel auch gerne mal darauf ein. Manchmal auch nicht-nicht weil ich Chef sein will, sondern weil es mir grade nicht passt. Ich genieße ausgiebige und auch körperbetonte Spiele mit meinen Hunden, die häufig in einer großen Kuschelaktion enden. Das genießen alle Beteiligten-warum sollte ich das nicht machen, nur weil im Buch XY steht, man müsse immer den Chef raus hängen lassen? Wenn ich mir meine Hunde so ansehe, kann ich mir kaum vorstellen, dass sie die Weltherrschaft an sich reißen wollen. Sie möchten Nähe, Zuneigung, Verlässlichkeit und Sicherheit.

      Die Situation bei dir würde ich gar nicht als „Erziehung durch Gewalt“ bezeichnen. Du sagst selber, dass du aus Überforderung so gehandelt hast und das nicht wolltest. Ich habe auch schon einmal ganz unnett meinen Hund auf den Boden gedrückt-der hatte aber auch ganz unnett meinen Arm in seinem Maul. So etwas soll nicht passieren, aber es kann passieren. Da darf man sich auch nicht für fertig machen-meistens hat man dem Hund in so einer Extremsituation gar nicht großartig geschadet. Aber es hat Einem selbst geschadet, weil man so eigentlich nicht handeln wollte. Die Verunsicherung wird durch die selbst gesteckten Maßstäbe dann nur noch größer.

      So junge Hunde können großartig sein-aber auch die Pest in Tüten. Wenn das Gefühl der Überforderung sehr groß ist und man nicht mehr weiter kommt, rate ich zu professioneller Hilfe durch einen guten Hundetrainer. Viele Lösungen sind erstaunlich einfach und nahe liegend. Man kommt nur nicht immer von selbst drauf.

  6. Hallo zusammen! :)

    Nina, es ist ein sehr schöner Artikel.

    Besonders der anscheinend oft überlesene letzte Absatz.

    Eine Arbeitskollegin hat sich vor ca 9 Monaten einen Dackelwelpen geholt. Die Züchter haben ihr allerlei Tipps gegeben, am am wichtigsten war ihnen, dass man dem Hund keine Gewalt zufügen darf… Allerhöchstens mit einer zusammengerollten Zeitung etwas anstupsen, aber ja nicht mehr!!

    Naja.. Er war tätlich sehr lebhaft und hat neben Blumentöpfen und Bettwäsche auch ihren Autoschlüssel zerstört. Kurz gesagt, sie wusste einfach nicht weiter und hat sich auch von der Züchter- Meinung nicht abbringen lassen.
    Schlußendlich hat sie ihn wieder abgegeben…

    Etwa 2 Wochen später hat sie es schrecklich bereut.

    Wie auch immer. Ich habe mir im August 2010 einen Münsterlander Border Collie Mix geholt, und bin mit ihr sehr zu frieden, und ich werfe nicht mit wattebäuschen und auch nicht mit Knebeln.

    Ich bin auch weder ein Anhänger von Millan noch von Rütter oder wie sie alle heißen.
    Ehrlich gesagt habe ich, bevor ich diesen Artikel und die dazugehörenden kommentare gelesen hatte, noch nie von den ganzen Methoden und Theorien gehört und habe trotzdem einen Hund, der gut sozialisiert ist, leinenführig, abrufbar auch wenn ein anderer Hund oder gar ein Reh in der Nähe ist…

    Trotzdem wende ich natürlich auch “ Gewalt “ an wenn mir was nicht passt!
    Ich drohe meinem Hund natürlich mit der erhobenen Leine wenn sie versucht abzuhauen, und ich wende auch den schnauzengriff an wenn sie eine unserer Katzen vom Futter wegbeisen will, denn sie darf es nicht. Punkt. Ganz einfach.

    Man sollte grundsätzlich wissen was man von seinem Hund erwartet, konsequent und liebevoll sein wie es immer heißt, und trotzdem nicht aus den Augen verlieren warum man einen Hand hält.
    Ich habe sie, weil ich einen Freund und Partner wollte, um zu toben und mich richtig auszupowern. Weil ich Freude daran habe Tieren etwas beizubringen. Weil ich jemanden zum kuscheln wollte und so weiter…

    Ich glaube sogar, dass es bei ihr genauso ist. Sie hat mir auch sehr viel beigebracht. Zum Beispiel wie Hund maßregeln und spielen. Sie kommt selbst zu mir zum knuddeln und sie liebt es auch mit mir durch Feld und Wald zu rennen..

    Ich schätze auch hier gilt: alles in Maßen statt in Massen!!

    In der Regel liebt man doch sein Tier und es hilft nichts seinen Hund fett zu füttern oder ständig zu bestrafen.

    Ach ja und man sollte tatsächlich so mit seinem Tier arbeiten, damit man es mit sich und mit dem Hund vereinbaren kann.

  7. Hallo Nina,
    herzlichen Dank für den humorvoll verpackten, sachlichen Artikel. Ich bin so begeistert davon, dass sich endlich jemand getraut Tacheles zu reden und eine Bresche zu schlagen versucht.
    Das Lesen der ersten Kommentare haben aber schon gezeigt, dass deine Anregung nicht zu realisieren ist.
    In nichts sind wir Menschen so verbohrt fanatisch wie in unserer vermeindlichen Hundeerziehung.

    Ich habe selbst eine kleine Hundeschule, arbeite jeden Hund jeder Rasse und Herkunft. Zu 90% aber die Halter – wie es denn so ist.

    Im Alter werde ich ein Buch schreiben – über das, was mir in den letzten Jahren begegnet ist und wohl noch begegnen wird. Von Hunde Verhaltenstherapeuten, zertifizierten Trainern, Absolventen von Blabla… die sich Rassen herauspicken, andere von vornherein ablehnen, das Handtuch werfen weil es mal nicht klappt wie sie es gelernt haben, nicht umdenken oder einfach nur den Halter motivieren und / oder überzeugen können.Die Experimentieren und dann zu Anti – Depressiva raten.

    Und all diese verzweifelten Hundehalter kamen dann mit ihren meist nur grenzenlosen Lümmeln zu mir. Das Leben kann doch so einfach sein, wenn wir nicht verbohrt und ein wenig offener sind… ein Leckerlie drauf!! :-)

  8. Danke Nina, ich stimme deinen Worten vollkommen zu. Ein sehr realistischer Artikel zur aktuellen Situation hier in Deutschland. Es macht mich traurig und wütend, dass das die Realität ist. Grüße aus NRW

  9. Hallo Nina,

    ein wunderbarer Artikel !
    Der mein Bauchgefühl bestätigt (als verunsicherter Neuhundehalter).
    Im Hunderudel gibt es ja auch nicht nur „Leckerlis“, sondern wird auch „gerügt“.

  10. Schöner Artikel, für meinen Geschmack etwas viel „Rundumschlag“. Ich finde, man könnte es z.B. auf diesen Punkt bringen: Liegt nicht die größte Krux darin, daß das eine Dressur heißen müsste und das andere Erziehung? Geht nicht mit einem Durcheinander der Begriffe schon die Verwirrung los? Dressur hat mit Erziehung nicht viel zu tun und umgekehrt, oder füttern wir unseren Kindern auch Gummiteddys, wenn wir ihnen zeigen, wie man z.B. Nudeln kocht? Wir adoptieren einen Hund (egal ob aus dem Ausland oder als Welpen), damit haben wir eine Wahl gemacht – der Hund hatte keine. Damit haben wir die Verantwortung übernommen, das fortzuführen, was der Hund in seiner natürlichen Familie hätte lernen und erfahren sollen. Das ist unsere Verantwortung: Den Hund fit zu machen, um in unserer Gesellschaft in Sicherheit leben zu können und SEINE Bedürfnisse erfüllt zu kriegen. Der Hund hat ein Recht auf Erziehung und Fürsorge. Dessen sollten wir uns bewusst sein – und das ist Methodenunabhängig! DAS heißt Erziehung und nicht Dressur – die braucht KEIN Hund!

    • Hallo Susie,

      generell stimme ich dir zu. Ich unterscheide auch „Dressur“ von „Erziehung“. Ein Hund der großartig auf dem Hundeplatz läuft, ist sicher toll dressiert-wenn er Zuhause über Tische und Bänke geht, ist er jedoch einfach nicht erzogen.

      Wenn man aber die Methoden sich genau ansieht, wird deutlich dass man den Unterschied eher schwer aufrecht erhalten kann-so ging es zumindest mir. So kann eine gute Gegenkonditionierung und Desensibilisierung durchaus Erziehungsarbeit sein. Mit Dressur kann ich mich im Alltag auch über gewisse Situationen hinweg retten. Kommandos in denen der Hund sich sicher fühlt, können ihm dann im Alltag helfen, mit gewissen Situationen zurecht zu kommen.

      Ich ziehe da keine trennscharfe Linie mehr. Ich baue sämtliche Kommandos erst rein positiv auf. Führung, Grenzen und Regeln zeige ich eher mit Körpersprache. Orientierung an mir erreiche ich mit einer gewissen gesunden Mischung von Leckerchen/Spiel und Körpersprache/Beziehungselementen. Lebenswichtige Kommandos werden ab einem gewissen Zeitpunkt auch abgesichert, damit sie wirklich bombenfest werden. Und so habe ich absolut zuverlässig abrufbare Hunde, die selbst bei Wild- und Hundesichtung auf Kommando mit einem lachenden Gesicht auf mich zugerast kommen. Mit diesem Konzept komme ich persönlich ganz gut hin. Ich würde es aber nicht als Stein der Weisen verkaufen. Wobei vielleicht sollte ich grade das machen-man verdient ja anscheinend einen Haufen Kohle dabei. ;)

      • Hallo Nina,

        >> Und so habe ich absolut zuverlässig abrufbare Hunde, die selbst bei Wild- und Hundesichtung auf Kommando mit einem lachenden Gesicht auf mich zugerast kommen. <<

        Erstmal: Glueckwunsch!! Verrätst Du mir, um welche Rasse es sich bei Deinen Hunden handelt, woher Du sie hast, in welchem Alter Du sie bekommen hast und wie Du es gemacht hast? Echt?! Wildsichtung?

        Danke und schöne Grüße
        Verena

        • Ja „echt Wildsichtung“. ;) Wenn du mehr über mich und meine Hunde erfahren willst, kannst du hier mein Interview lesen: https://www.planethund.com/interview/nina-dany-interview-1911.html

          Das „wie“ wäre schon recht umfangreich für einen Kommentar. Da unser Weg natürlich auch sehr individuell ist, wäre es auch absolut keine Anleitung für jeden und ob es einen wirklichen „Mehrwert“ hätte, weiß ich auch nicht. Sollte ich den heiligen Gral der Hundeerziehung finden, gebe ich aber sicher laut. ;)

  11. Sehr sehr gut geschrieben. Ich lese normalerweise kaum einen Artikel zu Ende – aber Deinen Artikel habe ich gern gelesen und dem gibt es nicht mehr beizufügen.

  12. Hallo Nina

    ein wunderbarer artikel der mir ein bisschen aus der seele spricht…obwohl ich auch manchmal leckerchen werfe ;-)
    aber gott sei dank hatte ich am anfang meiner hundelaufbahn eine hundetrainerin die mir ganau dies beigebracht hat…groß machen, knurren, mit dem körper blocken oder anstarren im bedarf…hündisch halt
    und siehe da ich habe einen tollen hund für den ich der rudelführer bin und wir haben ein tolles verhältnis das sehr liebevoll und respektvoll ist
    leider wissen das nicht alle hundehalter denn wenn mein hund einem total aufgedrehten jungrüden der ihn ständig anpöbelt mal kurz bescheid sagt und dann sofort ablässt und es keine beisserei ist ganz im gegenteil…man beobachte mal hundemütter bei ihrer erziehung…sondern eine korrekte hündische erziehungsmaßnahme musste ich mir schon oft anhören ob er denn auch beißen würde
    hallo…wenn mein kind mir ständig die schüppe auf den kopf haut stecke ich ihm auch kein bonbon in den mund sondern sage sehr streng nein und halte seine hand fest und nehme ihm die schüppe weg…deswegen mißhandle ich mein kind ja auch nicht…übrigens ein tolles beispiel mit den menschen im artikel :-)

  13. Hallo Nina, du hast mir aus dem Herzen gesprochen. Ist witzig, weil ich den kulturellen/sprachlichen Vergleich mit China auch immer anbringe zum besseren Verständnis bei der Hundeerziehung. :-)

    Ich sehe dieses Verhalten auch bei vielen Eltern (habe selbt eine 4-jährige Tochter). Viele Hundehalter / Eltern gehen den Weg des geringsten Widerstands und vermeiden Konflikte, weil das anstrengend ist und mich mein Hund/Kind hinterher vielleicht nicht mehr so toll findet. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall. Ich lasse den anderen verunsichert im Regen stehen, gebe keinen Halt und Sicherheit. Kinder und Hunde brauchen aber Sicherheit und eine konsequente liebevolle Erziehung. Diese ist aber anstrengend und beinhaltet eben auch mal negative Konsequenzen. Dabei spreche ich nicht von körperlicher Gewalt. Noch funktioniert bei uns Süßigkeitenverbot (Kind) oder ein strenges Nein (Hund + Kind ;-)) ganz gut.
    Herzliche Grüße,
    Petra

    • Ich finde es schlimm, wenn Eltern nicht mehr in der Lage sind Konflikte auszuhalten und auszutragen. Grade für Kinder ist dies wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung. Dabei geht es ja gar nicht um Gewalt-es geht nur darum auch mal „Nein“ zu sagen und Grenzen aufzuzeigen.

      Die Erfahrung, dass ein ausgestandener Konflikt die Beziehung positiv beeinflusst, kann ich nur bestätigen. Schön so etwas auch von einer Mutter zu hören. :)

      • Das sehe ich genauso, deshalb kann für mich die antiautoritäre Erziehung bei Kindern auch nicht funktionieren. Kinder brauchen Regeln. sie müssen klar und deutlich ins Leben geführt werden.

        Und das Gleiche gilt für Hunde!

  14. Korrigiert mich bitte wenn ich das jetzt falsch verstanden habe, aber „Gewalt ist nicht gleich Strafe“? Du nimmst mich doch auf den Arm oder?
    Zum Leinenruckeln: Wenn du mit einem an der Leine zupfen nur auf dich aufmerksam machen willst, warum kannst du das nicht auch einfach mit ansprechen oder einem Schnalzen machen?
    Und wie soll ich Aggression umlenken, wenn nicht positiv? Soll ich meinen Hund etwa anschnauzen wenn er an der Leine randaliert? Ich weiss aus eigener Erfahrung, dass das nix bringt!
    Soll ich meinen Hund, wenn er zwar nicht aufs erste Mal gehorcht hat zusammenscheissen wenn er dann doch noch zu mir kommt? Was lernt er denn dann? „Ups, zu Frauchen zurück zu kommen ist wohl keine gute Idee..“
    Hunde „verhundlichen“ uns? Anknurren? Kommt schon Leute, was soll das? Ich halte unsere Hunde für intelligent genug, dass sie ganz genau wissen, dass wir keine Hunde sind. Und im Gegensatz zu uns, sind sie exzellente Beobachter und im Gegensatz zu sehr vielen von uns, versuchen sie in uns zu lesen und uns zu verstehen. Ausserdem können wir das Knurren unserer Hunde mit als seinen Facetten und Nuancen und den damit verbundenen Bedeutungen im Leben nicht nachahmen. Also lasst den Mist.
    Nun, was ist an klassischer/operanter Konditionierung falsch? Meine Lieben, wir Menschen lernen genauso! Wenn wir etwas tun, was uns zum Erfolg führt, werden wir es wieder tun. So läuft das nunmal mit dem lernen. Bei Menschen wie bei Hunden und wie bei den meisten anderen Lebewesen auch. Deswegen sind wir keine Maschinen.
    Übrigens sind Wattebauschwerfer, zumindest die, die ich kenne, stark dafür, dass man dem Hund den Freiraum lässt, gewisse Dinge selbst zu entscheiden. Und zwar ohne dass man mit dem Klicker oder Marker hinterherrennt.
    Versteht mich nicht falsch, auch von mir gibts mal ein scharfes Nein, als Abbruchsignal, weil gewisse Dinge einfach tabu sind. Für richtiges Verhalten gibts dann aber auch ein Leckerli. Und da sehe ich oft Hundehalter, die ihren Hund für schlechtes Verhalten beschimpfen, ihn aber nie für gutes Verhalten loben. Lob ist wichtig, oder werdet ihr etwa nicht gerne gelobt?
    Ich habe auf verschiedenen Erziehungsbaustellen schon verschiedene Methoden ausprobiert und das, was zwar länger gedauert hat, aber als einziges funktionierte und vor allem von Dauer und am Ende zuverlässig war, war das Training über positive Verstärkung.
    Du hast Recht, auch Wattebauschwerfer sind nur Menschen und werfen mal mit einem Wattestäbchen, aber sie erkennen ihre Fehler, benennen sie und arbeiten an sich. Sie suchen keine Erklärungen und Entschuldigungen, warum ihr Verhalten jetzt vielleicht doch nicht so falsch gewesen sein könnte.
    Gerade weil wir nicht in die Köpfe unserer Hunde schauen können, ist es wichtig, ihnen die Erziehung so angenehm wie möglich zu gestalten. Denn so wie wir nicht wissen, ob eine Strafe für unseren Hund wirklich so traumatisch ist, wissen wir auch nicht ob sie es ist und was unser Hund damit verknüpft! Also wähle ich doch für meinen Liebling den zwar etwas längeren, vielleicht für mich anstrengenderen, aber angenehmeren und weitaus effektiveren Weg.

    • Nein Gewalt ist nicht gleich positive Strafe. Ich greife ein Beispiel von dir mal auf: Du sagst streng „Nein“ zu deinem Hund. Das heißt du fügst ihm einen unangenehmen Reiz zu, woraufhin er das Verhalten unterbricht/weniger zeigt. Du hast also positiv gestraft. Für einen Wattebauschwerfer wie ich ihn meine (wenn ich der Gewalttätige, „Kscht“er, „Führungsidiot etc. bin dann sind die halt das-man muss sich ja auch nicht immer derart ernst nehmen oder?), ist das Gewalt. Und das ist völliger Unsinn.

      Du sagst ich soll mit der Zunge schnalzen o.Ä.-warum sollte ich das denn tun? Ich zuppel mit der Kraft eines Zeigefingers an der Leine und frag vielleicht „Öhm-Hallo? Noch da?“ – keiner meiner Hunde empfindet das als unangenehm. Nicht dass dies häufig vorkommen würde, aber es kommt durchaus vor. Bin ich deswegen jetzt gewalttätig, schlage oder trete meine Hunde? (Siehe Kommentare hier und woanders).

      Es geht mir letzten Endes um die Extreme und da hat man leider momentan eine starke Bewegung der „positiven Richtung“. Letztens der Fall in einer bekannten Facebook-Gruppe: Großer Mischling springt schwer kranke und gehbehinderte Besitzerin vermehrt an. Dabei springt er mit Anlauf in ihren Rücken und bringt sie damit in höchste Gefahr. Nun hatte sie das Problem, dass sie dem Hund nicht „Nein“ sagen durfte. Sie klickte was das Zeug hielt-es brachte lediglich mehrere Stürze. Der Hund wurde daraufhin abgegeben. Wenn ich so etwas lese, werde ich wirklich sauer. Sauer darüber, dass unsichere Hundehalter derart an der Nase herum geführt werden. Solche Fälle sind es, die mich zu diesem Artikel bewogen haben.

      Auch eine richtig eingesetzte Strafe führt zu einem langfristigen Erfolg. Wer glaubt, man müsse wenn man ein mal straft ein Leben lang strafen, kann es einfach nicht. Er muss sie dann ja nicht einsetzen-aber er muss nicht so tun, als ob dies immer der Fall wäre. Ich weiß übrigens sehr genau was ich tue-meine Hunde sind weder traumatisiert noch sonst etwas. Und dass die „Positivler“ immer an ihren Fehlern arbeiten, glaube ich nicht. Sieht man ja am Beispiel oben (ihr wurde natürlich auf die Schulter geklopft und getröstet-keiner kam mal darauf den bisher gegangenen Weg zu hinterfragen).

    • Zusatz:
      Diesen Abschnitt finde ich wirklich erheiternd:
      „Hunde “verhundlichen” uns? Anknurren? Kommt schon Leute, was soll das? Ich halte unsere Hunde für intelligent genug, dass sie ganz genau wissen, dass wir keine Hunde sind. Und im Gegensatz zu uns, sind sie exzellente Beobachter und im Gegensatz zu sehr vielen von uns, versuchen sie in uns zu lesen und uns zu verstehen. “

      Also sie sind intelligent genug zu wissen, dass wir keine Körpersprache beherrschen, aber sie können uns super beobachten und versuchen uns zu verstehen…? Du widersprichst dir selber. Hunde verstehen eine eindeutige Körpersprache sehr gut-dies wurde in diversen Experimenten und Studien ganz wunderbar gezeigt. Ich nutze das gerne, weil es einfach ist und man den Hund nicht großartig vorher konditionieren muss.

  15. Hallo,

    ich glaub es sollte nicht die Methoden der positiven Verstärkung kritisiert werden, sondern die Leute, die es falsch anwenden. Hier wird eigentlich ein menschliches Problem beschrieben, dass Menschen gegenseitig immer besser wissen, was man machen soll.
    Klar nerven Menschen, die meinen, sie wären besser, weil sie mehr Ahnung haben. Ob es Leute sind, die moralisch argumentieren oder die meinen, man müsse ständig körperlich werden weil es Hunde untereinander im Rudel auch machen.
    Wenn man es falsch darstellt und überspitzt, klingt jede Erziehungsform völlig blöd. Natürlich gibts auch bei der positiven Verstärkung Grenzen, die gezogen werden. Es soll auch nicht Belohnt werden, nach dem ein Hund mit was schlechtem aufhört. Ich finde es schade, dass diese Methoden so dargestellt und Befürworter als „Wattebäuschchenwerfer“ verspottet werden.

    • Ich gebe dir eigentlich Recht. Wie im Artikel geschrieben klicker ich ja auch und arbeite bspw. auch mit Zeigen und Benennen. Ich finde es toll, dass es solche Methoden gibt und es auch Leute gibt, die sich mit denen auseinandersetzen.

      Das Problem mit vielen „rein Positivlern“ ist tatsächlich letzten Endes ein menschliches. Es wird nur leider argumentiert mit Theorien, Studien und Co, dabei ist die Frage ob man überhaupt strafen möchte, eigentlich eine moralische. Diese Methoden haben auch Grenzen-das erkennen die „Hardcore“-Leute nur leider nicht und diffamieren leider sämtliche Leute die nicht genauso arbeiten. Ich arbeite nicht so-und da kannst du dir gerne mal so manch Kommentar hier und woanders durchlesen. Da wird teilweise auf das Übelste beschimpft und mir wirklich Schlimmes unterstellt. Dabei arbeite ich selber so weit es geht immer positiv. Es gibt aber dabei auch Grenzen. Und ich finde eine punktuell eingesetzte Strafe durchaus legitim-dass der Hund dadurch traumatisiert wird, ist eine glatte Lüge.

      Ich kann mich übrigens auch mit Humor nehmen. Und wenn ich im Schlafanzug draußen im Winter stehe und einen Freudentanz aufführe, weil der Welpe endlich Pipi gemacht hat, finde ich das sehr lustig. Und wenn Leute im Wald stehen und die ganze Zeit „lalalalalalalala“ rufen, während ihr Hund sich verlustiert, ist das einfach sehr witzig. „Verspotten“ tue ich niemanden. Dieser Artikel repräsentiert meine Meinung und wer meint sich den Schuh anziehen zu müssen, der kann das gerne tun. ;)

    • Zitat Aron: „ich glaub es sollte nicht die Methoden der positiven Verstärkung kritisiert werden, sondern die Leute, die es falsch anwenden. Hier wird eigentlich ein menschliches Problem beschrieben, dass Menschen gegenseitig immer besser wissen, was man machen soll.“

      genau DAS ist der Punkt!!

  16. Hallo,mit Interesse habe ich den Artikel gelesen,obwohl ich zum Anfang dachte dass zuviel um das eigentliche Thema herumgeschrieben wurde.ich fühle mich z.Zt.direkt betroffen und bekenne mich eher als „wattebäuschenwerfer“.ich bin durch Bundesland gesetzliche Auflagen gerade verpflichtet meinem Hund und mir eine Verhaltenstherapie und einem wesenstest zu unterziehen,der aussließlich auf positiver Bestärkung basiert.in ihrem Artikel wurde das suuuper wiedergegeben…..genügend Individual-Anstand etc.,nur im wirklichen Leben nicht immer auszuführen.ich möchte gern nicht nur passiv meinen Hund beobachten und für gutes Verhalten loben,nein,wenn er sich scheiße benimmt möchte ich ihn dS durchaus auch wissen lassen.deswegen regt mich dieser Artikel zum sofortigen nachdenken an.danke j.grieger

  17. Hallo an alle Leser – die Kommentare auf den Artikel von Nina machen das Dilemma klar: Eine Dressur (ich bleibe der Einfachheit halber mal bei den eigentlich zutreffenden Begriffen) nach ausschließlich positiver Verstärkung ist nicht möglich, denn Bestrafung beginnt schon in dem Moment, in dem die (vom Hund erwartete) Bestätigung ausbleibt. Er hat sich aus seiner Sicht Mühe gegeben und es folgt – nichts! Das ist gefühlt wie eine Strafe. Und selbst, wenn es einem gelingen sollte, seinem Hund immer nur Dinge „abzuverlangen“, die positiv zu bestärken sind, bekommt man Probleme, wenn es darum geht, das der Hund etwas NICHT tun soll. Spätestens dann kommt man um „Abbruch“ und damit zumindest gefühlter Strafe nicht drumherum und warum ist das so? Nun, ich schätze, weil der soziale Aspekt fehlt. Skinner, Thorndike und Pavlow legten GROSSEN WERT auf die ABWESENHEIT von Menschen und Artgenossen oder anderen Lebewesen, die hätten Einfluss nehmen können auf die Versuchsaufbauten. Darüber sollte man einmal tiefer nachdenken! Dies wird bei all den „positiv bestärkten“ Hunden daran klar, daß sie all ihre tollen Kunststückchen auch mit anderen Menschen ausführen (manche verleihen ihre Hunde sogar für Turniere). Der Hund ist aber ein SOZIAL-lebendes Tier in unserer SOZIALGEMEINSCHAFT mit MIR (und meiner Familie hoffentlich). Hier komme ich wieder auf den bereits von mir erwähnten Aspekt zurück: Erziehung oder Dressur? Man kann sich entscheiden, was man tut, wenn man die Konsequenzen in Kauf nimmt. Es gibt klare Unterschiede und die Grenze zweischen beiden ist auch klar zu ziehen: Es ist der SOZIALE ASPEKT, der den Unterschied macht und damit meine ich nicht, was der Mensch darunter versteht, sondern der HUND! Ein Eisbär im Zoo, der Medical Training erhält, wird dadurch leichter vom Tierarzt zu untersuchen sein, aber DAS IST DRESSUR (es gibt sogar Kurse, um Hühner und Eisbären zu klickern, sicher nicht mit der Absicht, eine Sozialstruktur zu den Kursteilnehmern zu bilden. Und weiterhin: Leckerchenfütterei (als positive Bestärkung) hat abforderndes Verhalten zur Folge. Nicht umsonst sollten Vögel am Strand und Wildtiere in Zoos von Besuchern NICHT gefüttert werden – Beweise dafür und die Gründe kann man tausendfach auf der Straße sehen, wenn konditionierte Menschen ihren Hunden Wünschen erfüllen.

  18. Liebe Nina, dein Artikel tat dringend not !!!

    Vor einigen Jahrzehnten gab es Probleme aufgrund der (gut gemeinten) „antiautoritären Kindererziehung“. In deren Folge viele Kinder haltlos aufwuchsen, weil ihnen z.B.:
    Keine Grenzen gesetzt wurden, zu früh eigene Entscheidungen abverlangt + sich die Eltern (auf gleicher Kopfhöhe) begeistert zu den Freunden ihrer Kinder machten – anstatt ihnen Mutter + Vater zu sein
    = Jahre später waren Psychotherapeuten stets um Rettung bemüht.

    Das gleiche Phänomen beobachte ich in den letzten Jahren in der Hundeerziehung + Ausbildung:
    Es ist keine Vermenschlichung, wenn man seinem frierenden alten Hund einen Pullover anzieht – sondern wenn man Hunden menschliche Verhaltens + Denkweisen unterstellt !!!

    Jeder Hund – schietegol ob winziges Zwerghündchen oder 70 kg Riese – hat das Bedürfnis nach Führung durch einen klugen Menschen, auf den er sich jederzeit in jeder Situation verlassen kann.
    D.h. ich entscheide was Hund darf + was nicht – weil er es sonst selber tut
    = Dominanzprobleme, die nicht mit positiver Bestärkung zu beheben sind.

    Ist die Chefsache geklärt, reicht mein leises „Ö-ö“ völlig aus, um unerwünschtes Verhalten zu stören.
    Doch der Weg dahin muß erst erarbeitet werden, was ohne Maßregelung unmöglich ist.

    Ebenso unmöglich ist es allgemeingültige Erziehungsratschläge zu geben:
    Wenn dein Hund „das“ tut, dann mußt du „das“ tun
    = Hundetrainer + Hundeschulen haben Hochkonjunktur, wo verunsicherte Menschen mit verunsicherten Hunden – im Vorweg oder Nachhinein – auf Rettung hoffen…

    Die Normalität, die Selbstverständlichkeit im Umgang mit seinem Hund, ist vielen Menschen verloren gegangen, weil sie sich übermäßig vor Erziehungsfehlern fürchten. Ausgelöst durch den Druck der neuen Hundeverordnungen + Gesetze, die jeden Hund über Kniehöhe zu einer potenziellen Gefahr machen.
    Daher rührt vermutlich auch die Angst vor den >natürlichen innerartlichen Aggressionen<, die Unwissende nicht mit ihrer "strafenden Hand" wecken wollen, in der Meinung das diese Verhaltensweisen friedlich weiterschlummern würden.

    Diese Denkweise kann ich sehr gut nachvollziehen:
    Ein harmloser Kommentkampf mit Höllenlärm + Akrobatik – wo nicht ein Blutstropfen fließt – kann heutzutage einen gnadenlosen Behördenapparat in Bewegung setzen + (den größeren) der beiden Hunde ins Tierheim.
    Die machtlosen Halter erleben die Hölle auf Erden + den finanziellen Supergau.

    • Toller Kommentar und leider soviel Wahrheit drin. Was vor allem den Kommentkampf betrifft und die Reaktion von Hundehaltern und Außenstehenden…

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